Montag, 16. Mai 2011

Predigt von Norbert Wohlrab (15.05.11)

Christus und die Gemeinde


1. Die Gemeinde als Braut

Ich möchte heute über ein Thema reden, dass etwas mit Ehe und Beziehung zu tun hat. Lesen wir dazu erst mal folgende Bibelstelle:

"Deswegen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und die zwei werden ein Fleisch sein." Dieses Geheimnis ist groß, ich aber deute es auf Christus und die Gemeinde.“ (Eph. 5, 31.32 Rev. Elb.)

Dieses Geheimnis ist groß, ich aber deute es auf Christus. Paulus bezieht es auf Christus und die Gemeinde! Mit dem ersten Teil dieser Bibelstelle können wir wohl alle etwas anfangen. Die Sehnsucht, die Hormone, die Liebe, die Vernunft drängt uns oder zieht uns zu einer Person des anderen Geschlechts, im günstigsten Fall folgt darauf die Ehe, das sexuelle Einswerden, das Entwickeln einer gemeinsamen Identität usw. Aber welche Bedeutung hat das für Christus und die Gemeinde?

Dieses Geheimnis ist groß“ schreibt Paulus. Nun, Geheimnisse haben es so an sich, dass man etwas bohren muss, suchen muss, graben muss. Sie liegen nicht so offensichtlich herum, sonst wären es ja keine Geheimnisse.

Den Vers, auf den Paulus Bezug nimmt, finden wir in der Schöpfungsgeschichte, bei der Erschaffung der Frau. Dort heißt es:

Und Gott, der HERR, sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht...Da ließ Gott, der HERR, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, so dass er einschlief. Und er nahm eine von seinen Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch; und Gott, der HERR, baute die Rippe, die er von dem Menschen genommen hatte, zu einer Frau, und er brachte sie zum Menschen. Da sagte der Mensch: Diese endlich ist Gebein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch; diese soll Männin heißen, denn vom Mann ist sie genommen. Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und sie werden zu einem Fleisch werden.“ (1. Mo. 2, 18.21-24 Rev. Elb.)

Was ist die Situation? Adam wurde geschaffen, aber im Gegensatz zu allen Tieren, ist er allein. Er sehnt sich nach einem Gegenüber, er hat eine starke Sehnsucht in sich, aber sie ist noch nicht kanalisiert, es ist noch kein Gegenüber da, auf das er seine Sehnsucht ausrichten kann.

Gott sieht das und schafft Abhilfe. Er versetzt Adam in einem tiefen Schlaf und nimmt einen operativen Eingriff vor. Gott nimmt einen Teil aus der Seite (hebr. „tzeila“ = „Seite“ nicht Rippe) Adams, nimmt Fleisch und Knochen und bildet daraus die Frau. Und auf einmal hat die Leidenschaft, die Sehnsucht, die Liebe in seinem Herzen einen Auslass, ein Zuhause gefunden. So die Situation bei Adam.

Welche Bezüge und Parallelen gibt es hier aber zu Christus und der Gemeinde?

- Adam fiel in einen Schlaf und danach wurde ihm die Seite (gr. „pleura“) geöffnet. Und etwas ähnliches geschah wo? Am Kreuz! Nachdem Jesus gestorben war, durchbohrte ein Soldat seine Seite („pleura“, Joh. 19,34). Vielleicht sogar die selbe Stelle wie bei Adam.

- Bei Adam wurde aus Fleisch und Knochen Eva gebildet, bei Jesus flossen Blut und Wasser heraus. Blut als Symbol für die Reinigung und Wasser als Symbol für das neue Leben und den Heiligen Geist. Beides sind die Grundlagen für das Entstehen der Gemeinde.

- Eva war ein neuer Mensch, eine neue Schöpfung. Auch die Gemeinde wird im NT als „neuer Mensch“ (Eph. 2,15) und Christen als „neue Schöpfung“ (2. Kor. 5,17) bezeichnet

- Eva wurde aus der DNA Adams erschaffen. Wir sind aus den Samen Christi geschaffen (1. Joh. 3,9)

- Eva war Adam in anderer Form, in neuer Form. Die Gemeinde ist der Leib Christi in einer anderen Form.

- Adam war Evas Lebensquelle. Sie konnte nur deshalb existieren, weil ein Teil von Adam in ihr war. Die Gemeinde kann nur existieren, weil ein Teil von Christus, weil der Heilige Geist in ihr ist.

- In einem Film sagt ein Darsteller zu seiner Angebeteten: „Du vervollkommnest mich“! Eine schöne Liebeserklärung wie ich meine. Paulus beschreibt die Frau als den Abglanz, d.h. die Herrlichkeit des Mannes (1. Kor. 11,7). Auch die Gemeinde ist so ein Abglanz, eine Reflexion, sie leuchtet indirekt durch Christus, aber sie erhellt Christus, sie bringt das Bild von Christus auf der Erde erst zur richtigen Entfaltung, zur „Vervollkommnung“.

- Eva war makellos, sie wurde ja vor dem Sündenfall geschaffen. Auch die Gemeinde ist makellos oder wird es zumindest wieder werden (Eph. 5,27)

- Der Mann muss sein Elternhaus verlassen um eine Ehe mit seiner Frau einzugehen. Christus hat den Vater im Himmel verlassen um was zu tun? Um seine Braut zu suchen, sie zu retten und sie zu heiraten.

Ich denke, genauso wie Adam in sich die Sehnsucht nach einem Gegenüber trug, hatte Christus (als letzter Adam) in sich die Sehnsucht nach seiner Braut.

Paul Billheimer: „Im Herzen des Universums finden wir eine göttliche Liebesgeschichte, die der Schlüssel zu jeglicher Existenz ist. von Ewigkeit her hatte Gott sich vorgenommen, das an einem bestimmten zukünftigen Punkt sein Sohn eine ewige Gefährtin haben sollte, die der Apokalyptiker Johannes als, die „Braut, das Weib des Lammes“ beschreibt.“

Jesus Christus sagt, dass er der Bräutigam ist und deshalb ist nichts mit Fasten (Mk. 2,19) und Johannes der Täufer sagt über Jesus:

Der die Braut hat, ist der Bräutigam“ (Joh. 3,29a Rev. Elb.)

Jesus hat die Braut! Der „Habende“ heißt es im griechischen. Vielleicht ist diese Formulierung nicht so wichtig. Vielleicht bedeutet es aber, dass zu diesem Zeitpunkt am Anfang seines Wirkens, die Baut, also die Gemeinde bereits präexistent in Jesus war, genauso wie Eva ja in Adam präexistent war.

Ein ähnliches Bild benutzt ja auch Paulus - allerdings zu einem Zeitpunkt, an dem die Gemeinde schon existent ist. Er sagt, dass wir „in Christus sind“ (2. Kor. 5,17)!

Dieses „In-Christus-Sein“ hat für mich eine ganz neue Bedeutung bekommen. Wir kennen ja alle - oder zumindest die Selbstkritischen unter uns - so Tage, wo uns mehr als sonst bewusst wird, was alles so schief gelaufen ist in unserem Leben, wo wir unser Versagen auf einem Tablett serviert bekommen, wo sich Schuldgefühle ausbreiten oder einfach Frustration aufsteigt über die vielen Punkte im Leben, wo man sich nicht so entwickelt hat, wie man es eigentlich vor hatte oder wie Gott es vielleicht mit uns hatte, wo Schuld aufgedeckt wird. Aber wenn man sich dann bewusst macht, dass man ja trotz allem Versagens in Christus ist, in ihm geborgen ist, dann bedeutet das, wenn Gott auf mich schaut, dann sieht er wen? Genau. Er sieht Jesus Christus.

Und die einzigen zwei Möglichkeiten, dass ich nicht angenehm vor Gott sein könnte, wären: wenn ich entweder mich aus Christus hinausbegebe und mit ihm nichts mehr zu tun haben will - das sei ferne! - oder wenn Christus schuldig wäre, wenn er nicht angenehm vor Gott wäre. Aber darauf kann ich mich wahrlich verlassen: er hat alle Forderungen vollkommen erfüllt (Röm. 8,4). Wir sind nun in ihm geborgen und geschützt, genauso wie ein Embryo im Bauch der Mutter.

Auf jeden Fall bedeutet aber diese Formulierung des Johannes, dass Christus und die Braut eine Rechtsbeziehung miteinander haben.

In unserem Sprachgebrauch spricht man von Braut und Bräutigam eigentlich erst am Tag der Hochzeit oder vielleicht kurz vorher. Vorher sind sie befreundet oder verlobt, wenn´s dann ans Heiraten geht, spricht man vom Brautpaar und danach dann vom Ehepaar.

Im jüdischen Kontext ist das etwas anders. Die jüdische Hochzeit besteht nämlich aus zwei Teilen: aus der Verlobung und der Finalisierung, dem letztgültigen Vollzug der Ehe.

Zuerst sucht der Vater des Bräutigams eine Braut aus, der Bräutigam wirbt um sie. Bei der Verlobung legt es dann den Ehevertrag vor, zum Zeichen der Annahme der Werbung trinkt die Braut (bzw. beide) aus einem Becher mit Wein (= Abendmahl), dann zahlt der Bräutigam den Brautpreis (= Kreuzestod) und macht der Braut Geschenke, die ihre Schönheit fördern sollen (= Heiligen Geist). Sie sind nun rechtlich verlobt und ab diesem Zeitpunkt gelten sie als Braut und Bräutigam. Die Braut ist nun für ihren Bräutigam abgesondert (= geheiligt). Soweit so gut. Aber jetzt geschieht was völlig anderes. Der Bräutigam geht nämlich wieder: Er geht jetzt für eine Zeit lang, für ein oder zwei Jahre ins Haus des Vaters zurück um dort ein Brautgemach vorzubereiten für den Vollzug der Ehe.

Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich dann etwa zu euch gesagt, dass ich dorthin gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? Und wenn ich einen Platz für euch vorbereitet habe, werde ich wieder kommen und euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin.“ (Joh. 14, 2.3 NGÜ)

Wenn das Gemach fertig ist holt er die Braut ab in der Nacht und die Eheschließung wird vollendet. Die Braut weiß zwar ungefähr, wann er kommt, aber sie weiß nicht genau den Tag und nicht genau die Stunde (Mt. 24,36). Deshalb muss sie allezeit vorbereitet sein. Wenn sie dann heimgeholt wird, steigt das Hochzeitsfest. Dann wird mehrere Tage gefeiert.

Lasst uns freuen und fröhlich sein und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Braut hat sich bereitet.“ (Offb. 19,7 Rev. Elb.)

Sind diese Parallelen nicht wirklich faszinierend? Die Gemeinde ist die - bereits rechtlich für alle Zeit - mit Christus verbundene Braut. Und wir sind ein Teil davon. Nichts und niemand kann diese Verbindung wieder trennen. Dies ist der Plan Gottes von Grundlegung der Welt an (Eph. 1,4).

Ich möchte Euch noch ein weiteres Bild zeigen, das vielleicht genauso stark ist.


2. Die Auflösung der alttestamentlichen Säulen

Vergegenwärtigen wir uns zunächst auf welchen Säulen das alttestamentliche Judentum stand.

Es fußte im wesentlichen auf vier großen Säulen:

- dem Gesetz

- dem Opfersystem

- dem Priestertum und

- dem Tempel.

Jesus hat alle diese Elemente abgeschafft, in dem er sie vollendete. Er hat das Gesetz vollendet, es erfüllt; er hat das Opfer gebracht, dass für alle Zeiten gilt (Hebr. 10,14); er ist der Hohepriester in Ewigkeit (Hebr. 6,20) und hat gleichzeitig uns zu Priestern gemacht (Offb. 1,6) und er hat den Tempel in Jerusalem überflüssig gemacht, weil er einen neuen Tempel gebildet hat. Einen Tempel aus lebendigen Steinen (1. Petr. 2,5). Dieser Tempel sind wir. Ein Tempel Gottes bestehend aus lauter lebendigen Steinen.

Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes unter (oder in) euch wohnt?“ (1. Kor. 3,16 Rev. Elb.)

Lasst euch auch selbst als lebendige Steine aufbauen, als ein geistliches Haus, ein heiliges Priestertum“ (1. Petr. 2,5 Rev. Elb.)

Das Problem ist, das eigentlich die ganze Kirchengeschichte voll ist mit Entwicklungen, die der Abschaffung dieser alttestamentlichen Säulen diametral entgegengesetzt sind. Es scheint so, dass die Christenheit über die Jahrhunderte hinweg immer bestrebt war eine lebendige Beziehung mit dem Herrn durch Religion zu ersetzen.

Die jüdischen Christen hatten von Anfang an so ihre Probleme mit der Erfüllung des Gesetzes. Sie wollten nicht gänzlich davon lassen. Eigentlich bis heute. Und auch in vielen kirchlichen Strömungen und Gruppen gab und gibt es immer wieder neue Formen von Gesetzlichkeit mit erschreckenden Auswüchsen. Menschen werden geknechtet, anstatt die freimachende Kraft des Evangeliums zu leben.

Als ich zum Glauben fand, holte mich Gott aus dem Drogenmilieu heraus und führte mich in eine Brüdergemeinde. Da s waren zwei völlig entgegengesetzte Welten. Auf der einen Seite eine Gemeinde, die es gewöhnt war viele - für mich ganz normale - Dinge des täglichen Lebens wie Kneipe, Kino, Tanzen oder sogar mein Sozialpädagogikstudium, weil man da ja Psychologie erlernte, als fleischlich, weltlich, sündig oder zumindest als gefährlich zu beurteilen und auf der anderen Seite jmd. der erfahren hatte: „Ich bin ein neuer Mensch. Gott hat mich aus der Drogenabhängigkeit heraus geholt. Wie cool ist das denn?! Alles andere ist doch völlig harmlos.“ Vielleicht haben wir uns damals dann gegenseitig etwas beeinflusst. Letztlich war es dann so, hauptsächlich auch durch manch religiösen Einflüsse während der Studienzeit, dass ich einige Jahre ganz schön gesetzlich wurde, bis Gott mich dann Jahre später wieder in eine neue Freiheit des Lebens mit Jesus Christus führte und auch immer noch führt.

Wenn wir mit Jesus leben, brauchen wir uns weder selbst unter ein Gesetz knechten, noch von anderen knechten lassen. Sein Joch ist ein sanftes Joch, seine Last ist eine leichte Last (Mt. 11, 28-30).

Oder nehmen wir das Opfersystem. Jesus hat es überflüssig gemacht und die katholische Kirche hat die Feier des Abendmahl immer mehr zu einem Opferritus entwickelt, von dem letztlich auch alle evangelischen Kirchen und Freikirchen mit infiziert sind.

Oder nehmen wir den Priesterdienst. Luther hat mit seiner Reformation einen Wendepunkt geschaffen und auch das Priestertum aller Gläubigen neu entdeckt. Aber umgesetzt wurde es eigentlich nie wirklich. Es blieb immer die Kluft zwischen Theologen und Laien. Und selbst in vielen Freikirchen ordnen sich viele freiwillig unter einem omnipotenten und allwissenden Pastor unter, „dem alle Gewalt gegeben ist“, anstatt die eigene Priesterschaft zu entwickeln. Anstatt zu erkennen, dass derselbe Geist in jedem Gläubigen wohnt. Ich bin immer wieder überrascht, wenn jmd. bspw. die evangelische Kirche verlässt, weil er sich vom Pfarrer bevormundet sieht um sich dann einer sehr pastorzentrierten freien Gemeinde anzuschließen, um sich dort freiwillig vom Pastor bevormunden zu lassen.

Und genauso ist es beim Tempel. Über die Jahrhunderte hinweg hat sich das Christentum von den Treffen in den Häusern zu einer Fixiertheit auf große mächtige Gebäude hinweg entwickelt. Neue Arten von Tempel sind entstanden und entstehen immer noch. Dabei sind doch wir der Tempel. Der Geist Gottes hat doch bereits einen Ort, wo er wohnt.


3. Die Gemeinde als Leib

Und Gott wohnt nicht nur in einem lebendigen Tempel. Er hat auch einen lebendigen Leib. Das ist das zweite Bild, dass ich beschreiben wollte.

Ja, Gott hat ihm alles unter die Füße gelegt, und er hat ihn, den Herrscher über das ganze Universum, zum Haupt der Gemeinde gemacht. Sie ist sein Leib, und er lebt in ihr mit seiner ganzen Fülle – er, der alles und alle ´mit seiner Gegenwart` erfüllt. (Eph. 1, 22.23 NGÜ)

Genauso wie der dreieinige Gott in einer Einheit existiert, bilden auch Christus und wir eine Einheit. Er ist das Haupt - und wir sind der Leib. Einzeln betrachtet ist er der Herr und wir die Jünger. Aber als Ganzes ist er das Haupt und wir der Körper. Er ist der Bestimmer, der Chef, er will sich durch den Leib in dieser Welt sichtbar machen.

Ihr aber seid Christi Leib, und einzeln genommen, Glieder.“ (1. Kor. 12,27 Rev. Elb.)

Denn wie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl viele, ein Leib sind: so auch der Christus.“ (1. Kor. 12,12 Rev. Elb.)

So auch der Christus! Paulus schreibt hier gleich ganz direkt: so auch der Christus! So als ob die korinthische Gemeinde ganz selbstverständlich der Leib Christi wäre! So tief, so felsenfest ist er von dieser Wahrheit überzeugt. Und das obwohl es in Korinth ja nicht immer so ganz fromm zu ging.

Gemeinde (gr. „ekklesia“) ist die Versammlung. Gemeinde ist da, wo sich Christen um ihren Herrn herum versammeln, da wo der Leib Christus auf Erden sichtbar wird.

Und wenn man den 1. Korintherbrief liest, dann kann man lesen, dass dies ausschließlich dadurch geschieht, dass der Pastor eine Predigt hält...nein, es geschieht dadurch, dass die Glieder des Leibes eine Vielfalt von Gaben und Geistwirkungen entfalten.

Ihr kennt ja alle den Vers, den wir uns auch ab und zu als Motto für einen Gottesdienst nehmen, in dem es heißt:

Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Offenbarung, hat eine Sprachenrede, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung.“ (1. Kor. 14,26 Rev. Elb.)

Ich wiederhole mich wahrscheinlich, wenn ich sage, dass manche Ausleger diesen Satz für eine ironische Bemerkung halten. Aber wenn man sich den Gesamtkontext ansieht und Äußerungen an anderen Stellen vergleicht, muss man feststellen, dass dies eigentlich keine Ironie sein kann, sondern dass dies - zumindest in Korinth - die normale Form des Gottesdienstes war oder sein sollte. Die normale Formfür das Zusammenkommen des Leibes um sich vom Haupt leiten zu lassen und um ihn zu verherrlichen.

Wie geschieht dies? Indem der einzelne einfach das mitteilt und weitergibt, was er durch den Heiligen Geist empfangen hat.

Wir beschneiden uns in unseren Gottesdiensten selbst, wir berauben uns der Vielfalt, weil wir immer im Predigtmodus sind. Nichts gegen Predigten und ich predige auch gerne, aber ich glaube nicht, dass Jesus für seine Gemeinde geplant hat, dass dies nur wenige tun können.

Natürlich ist es nicht jedermanns Ding zu predigen, aber jeder kann ein Wort aus der Schrift vorlesen, einen Gedanken oder eine Erkenntnis weitergeben, jeder kann eine Prophetie empfangen, jeder kann etwas erzählen, was er erlebt hat, jeder kann ein Lied anstimmen usw. Das ist die Vielfalt des Leibes! Hier geschieht gegenseitige Erbauung. Das ist das Priestertum aller Gläubigen. Und hier geschieht die Leitung durch das Haupt. Was ja nicht bedeutet, dass man sich nicht schon unter der Woche Gedanken machen darf. Manch Impuls von Gott kommt spontan, mancher ist schon länger vorbereitet. Dies ist kein Widerspruch.

Auch in den Urgemeinden gab es Zeiten, in denen die Apostel anwesend waren und gelehrt hatten oder Evangelisten gepredigt hatten und vielleicht noch andere eher predigt- oder lehr-orientierte Zusammenkünfte. Aber ich denke der normale Gottesdienst wurde vom ganzen Leib gestaltet. Es gab wahrscheinlich noch keinen sonntäglichen Predigtdienst.

Nun kann man Gemeinden nicht so einfach umkrempeln. Das ist nicht unbedingt sinnvoll. Aber man kann dem mehr Raum geben. Im Hauskreis bspw. oder immer wieder mal einen Sonntag bewusst so gestalten.

Paulus schreibt davon, dass der ganze Leib durch verschiedene Gelenke und Bänder zusammen gehalten wird (Kol. 2,19).

Diese Gelenke und Bänder sind die Beziehungen, die wir miteinander haben; aber v.a. auch wie diese Beziehungen ausgerichtet sind und gelebt werden. In einer normalen Familie kommuniziert man miteinander, man kümmert sich um einander. Geschieht dies nicht, ist sie gestört, dann ist das System krank. Und dieses Miteinander ist auch im Leib Christi sehr wichtig. Habt Ihr schon mal wahr genommen, wie wir im Wort Gottes immer wieder dazu aufgefordert werden?

- liebt einander

- erbaut einander

- nehmt einander an

- ermahnt einander

- sorgt füreinander

- tragt einander die Lasten

- ertragt einander

- vergebt einander

- ermutigt einander

- reizt einander zu guten Werken an

- tröstet einander

- bekennt einander die Sünden

- betet füreinander

- seid untereinander gastfreundlich

- habt Gemeinschaft miteinander

- ...

Auch das gehört zu einem organischen Leib, in dem Christus das Haupt ist. Auch das gehört zum Priestertum aller Gläubigen. Und dies geschieht nicht nur am Versammlungstag, nicht nur im Gottesdienst, dies kann und soll allezeit so sein. Auch hier dürfen wir noch in manches hinein wachsen, bevor der Bräutigam kommt um die Braut zu holen.

Wir brauchen keinen Tempel, wir sind der Tempel. Es spielt auch keine Rolle, ob wir schöne Gemeinderäume haben oder uns sonst wo treffen. Wichtig ist, dass wir eine lebendige Gemeinschaft sind. Man kann mit oder ohne Räume tot sein und genauso mit oder ohne Räume leben.

Weil ich lebe, werdet auch ihr leben.“ (Joh. 14,19 NGÜ)


AMEN.

(Quellennachweis: Wesentliche Gedanken dieser Predigt basieren auf den fundamentalen Werken von Frank Viola zum Themenkomplex "Organic Church"; siehe Literaturempfehlungen).


Sonntag, 1. Mai 2011

Termine und Aktuelles Mai 2011

So 01.05. 10.00 Gottesdienst m. anschl. Essen (Predigt Stefan Thieme, LK Gemeinschaft Gebhardtstraße; Thema: "Nachfolge")

Do 05.05. - Do 26.05. 4 Abende jeweils 19.30
Seminar "Die Bibel besser verstehn" mit B
ob Lidfors



So 08.05. 10.00 Gottesdienst (Predigt Bernhard Meyer, Aufbruch Leben)

So 15.05. 10.00 Gottesdienst (Predigt Norbert Wohlrab; Thema: "Christus und die Gemeind") im Anschluss Jahreshauptversammlung des Vereins

So 22.05. 10.00 Lobpreis & Segnung

Di 24.05. 19.30 Gebetsabend

So 29.05. 10.00 Gottesdienst m. anschl. Essen (Predigt Christiane Mack, ConVita; Thema: "Wie es deiner Seele gut geht!")