Freitag, 2. Dezember 2016

Termin und Aktuelles Dezember 2016

04.12. 10.30 Uhr Hausgottesdienste

11.12. 10.30 Uhr LKG Gottesdienst mit anschl. Essen (Predigt Klaus Sparla, Vineyard Nürnberg)

18.12. kein Gottesdienst 

24.12. 15.00 Uhr Heiligabend Gottesdienst St. Paul (Predigt Hans Heidelberger)

25.12. kein Gottesdienst 



Änderungen noch möglich! 

LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50
St. Paul = Gemeindehaus, Dr.-Martin-Luther-Platz 1

Sonntag, 20. November 2016

Predigt von Norbert Wohlrab (20.11.16)

Warten.mp3


Warten - Lk. 12, 35-38
 

Ich wurde gebeten heute nicht über die Endzeit zu predigen. Daher gibt es keine Predigt darüber, ob Donald Trump jetzt der Antichrist ist oder nicht. Und ich nehme auch den Predigttext des heutigen Sonntages nicht als Grundlage, der wäre nämlich tatsächlich auch noch aus der Offenbarung.
Ich möchte vielmehr mit euch den Wochenvers des heutigen Ewigkeitssonntags betrachten: „Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen.“ (Lk. 12,35 Luther)

Ich möchte dazu aber auch noch die Verse 36 - 38 lesen. Eigentlich müsste ich jetzt ja die neue Lutherübersetzung hernehmen, aber mein erster Kontakt damit war gleich so niederschmetternd, dass ich das jetzt erst mal lasse. Oder haltet Ihr „übermochte“ (beim Zweikampf Jakobs am Jabbok) für eine zeitgemäßere Übersetzung als „bezwang“ oder „überwältigte“? Ist wohl eher was für Luther-Freaks
Aber wer weiß, vielleicht freunde ich mich damit ja noch an. Ich lese jetzt mal nach der Neuen Genfer Übersetzung.

 „35 »Haltet euch bereit und sorgt dafür, dass eure Lampen brennen!
36 Seid wie Diener, deren Herr auf einem Fest ist und die auf seine Rückkehr warten, damit sie ihm sofort aufmachen können, wenn er kommt und an die Tür klopft.
37 Glücklich zu preisen sind die Diener, die der Herr wach und bereit findet, wenn er kommt. Ich sage euch: Er wird sich ´einen Schurz` umbinden und sie zu Tisch bitten, und er selbst wird sie bedienen.
38 Vielleicht kommt er spät in der Nacht oder sogar erst gegen Morgen. Wenn er sie dann bereit findet – wie glücklich sind sie da zu preisen!«“ 

(Lk. 12, 35-38 NGÜ)

Welche Situation wird hier beschrieben? Ein Hausherr geht zu einem Fest. Zu einer Hochzeit. Die Knechte verriegeln in dieser Zeit das Haus, dass kein Dieb eindringen kann und alles sicher ist.

Es muss ein wohlhabender Mann sein, dieser Herr. Er hat Diener, Bedienstete, vielleicht sogar Sklaven. Es muss auch ein größeres Haus sein, vielleicht eine Villa oder ein größeres Landgut. In einer Einraumwohnung bräuchte man wohl kaum Diener. Da wäre ja auch gar kein Platz für sie.

Vielleicht ist so ähnlich wie bei Downton Abbey. Da gibt es einen Butler, Unterbutler, einen ersten Diener, einen zweiten Diener, Zofen, eine Haushälterin, eine Köchin, Küchenhilfen, einen Gärtner usw. 

Der Herr erwartet von seinen Dienern, dass sie bereit sind für seine Rückkehr. So wie wir heute selbstverständlich erwarten, dass unsere Haushaltsgeräte funktionieren, wenn wir nach Hause kommen. Dass der Kühlschrank, die Kaffeemaschine, die Waschmaschine funktionstüchtig sind, dass die Heizung läuft, der Strom fließt usw.

Die Diener sollen ihre Lenden umgürtet haben, sie sollen also ihr langes Gewand hochgebunden haben, es in den Gürtel gesteckt haben, damit sie fähig sind zum Laufen und zum Arbeiten. Sie sollen wach sein, sie sollen im Haus alles vorbereitet haben. Die Lichter sollen brennen, Reserveöl soll bereit stehen, das Bett gemacht sein, etwas zum Essen und zum Trinken vorbereitet, falls der Herr noch Hunger oder Durst hat bei seiner Heimkehr, vielleicht Wasser zum Füße waschen, ein Feuer im Ofen falls es draußen kalt ist. Vor allem aber sollen sie bereit sein um ihm unverzüglich die Tür auf zu machen, wenn er anklopft, damit sie ihm in sein Eigentum sofort einlassen können und sie sich nicht erst anziehen müssen und er draußen warten muss.

Sie wissen nicht, wann er vorhat zu kommen. Er weiß es vielleicht selber nicht. Wer weiß schon vorher wieviel Spaß man auf so einer Hochzeit hat, wie die Stimmung ist, wie der Wein schmeckt usw.
Vielleicht kommt er in der zweiten Nachwache, also zwischen neun und zwölf Uhr, vielleicht erst in der dritten, also zwischen zwölf und drei Uhr. Aber es war klar, er kommt in dieser Nacht wieder nach Hause.

Wenn man sich das so vergegenwärtigt, ist es eigentlich keine schwere Aufgabe für die Dienerschaft. Einfach mal einen Abend oder eine Nacht ein bisschen länger aufbleiben und für den Herrn alles vorbereiten. Wenn wir abends ausgehen oder Freunde besuchen, dann kommen wir auch so zwischen der zweiten und dritten Nachtwache wieder heim. So lange kann man schon durchhalten. So lange kann man auch zu Hause warten. Zur Not hilft man halt mit etwas Koffein nach.

Die Dienerschaft musste also nichts anderes machen als sonst auch, nur eben mal etwas länger durchhalten. Nur eben etwas warten. Ist eigentlich alles kein Problem. Eine überschaubare, klar abgegrenzte Aufgabe.

Warten erlebt man ja durchaus unterschiedlich. Das hängt vom Typ ab und von der Situation. Wenn ich beim Arzt im Wartezimmer sitze und mit entspannender Musik berieselt werde, stört mich das überhaupt nicht. Im Gegenteil es beruhigt mich und ich genieße es runterzufahren und zur Ruhe zu kommen. Bei meiner Frau ist das ganz anders. Wenn die irgendwo in einem Wartezimmer warten muss, bombardiert sie mich mit whatsapp-Nachrichten. Und zwar schneller als ich antworten kann. Für sie ist Warten eher Stress.
Mich nervt das Warten dagegen eher im Verkehr. Wenn vor mir die Autos mit 40 in der Stadt dahin kriechen oder auf der Autobahn minutenlang ein PKW mit 110 einen anderen mt 105 überholt und mich blockieren und dann hindern zügig an mein Ziel zu kommen. Ich will oder muss ja zu einer bestimmten Zeit an einen bestimmten Ort sein. Oder im Stau da ist Warten für mich auch unangenehm. Andere lässt das wohl wieder eher kalt und die bleiben da entspannt.
Warten dass die Kinder nachts endlich nach Hause kommen. Warten dass der Arzt endlich zurückruft und man die Diagnose erfährt. All das sind eher unangenehme Wartesituationen.

Wie mag es in dem Gleichnis für die Diener gewesen sein?  Sicherlich nicht so unangenehm. Wenn der Herr kein Tyrann war, hatten sie nichts zu befürchten und der Zeitraum war ja auch überschaubar.

Wenn wir im NT wie hier von einer Hochzeit lesen, dann denken wir vielleicht als erstes an die Hochzeit von Jesus mit der Braut Christi, der Gemeinde. Aber davon ist hier nicht die Rede. Jesus ist zwar mit dem Herrn gleichzusetzen, aber er ist selbst nur als Gast auf einer Hochzeit. Es ist nicht seine eigene.

Und auch an einer anderen Stelle zeigt sich, dass dieses Bild nicht beliebig übertragbar ist. Richtig es geht um die Wiederkunft Christ. Darum, dass wir darauf vorbereitet sein sollen. Aber für die Knechte hier war klar, ihr Herr kommt in dieser Nacht zurück.
Wäre die Option gewesen, er käme im Laufe der nächsten vierzehn Tage, hätten sie nicht alle durchgehend wach bleiben können. Das funktioniert nicht. Sie hätten sich vielleicht abgewechselt im Wachen und im Schlafen.
Wäre der Zeitpunkt der Rückkehr sogar auf Monate oder Jahre hinaus ungewiss, hätten sie noch weitere Vorkehrungen treffen müssen. Entweder hätte der Herr regelmäßig Geld schicken müssen oder sie hätten sich einen Nebenjob suchen müssen, um sich und ihre Familie versorgen zu können. Also wir sehen, wir können dieses Gleichnis nicht überstrapazieren.

Warum es hier geht, ist: Seid bereit! Lasst nicht nach im Glauben! Lasst nicht nach in der Nachfolge!

Ein paar Verse weiter wird das falsche Verhalten beschrieben:

„45 Wenn jener Diener sich aber sagt: ›Mein Herr kommt noch lange nicht!‹ und anfängt, die Knechte und Mägde zu schlagen, während er selbst schwelgt und prasst und sich volltrinkt,
46 dann wird sein Herr an einem Tag kommen, an dem er ihn nicht erwartet, und zu einem Zeitpunkt, an dem er es nicht vermutet. Er wird den Diener in Stücke hauen lassen und ihm dasselbe Los bereiten wie den Ungläubigen.«“ (V.45.46 NGÜ)


Hier denkt sich der Diener: Mein Herr kommt ohnehin nicht so schnell. Jetzt lass ich die Sau raus und mach was ich will. Dieses Verhalten wird nicht belohnt werden.

Nicht nachlassen. Durchhalten! Treu bleiben! Wer durchhält bis zum Schluss, der wird selig werden, heißt es (Mt. 24,13).

In unserem Gleichnis gibt es eine phantastische und schier unglaubliche Wendung! Die Knechte warten auf den Herrn, haben alles vorbereitet, der Herr kommt und dann: der Herr dreht den Spieß um!
Er bindet sich eine Schürze um, bittet sie zu Tisch und bedient sie. Jetzt bekommen sie das ganze leckere Essen und die leckeren Getränke. Jetzt dürfen sie sich ausruhen und genießen. Alles wird auf den Kopf gestellt!

„Du ´lädst mich ein und` deckst mir den Tisch selbst vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl, ´um mich zu ehren`,und füllst meinen Becher bis zum Überfließen.“ (Ps. 23,5 NGÜ)  


„Er wird ein Knecht und ich ein Herr; das mag ein Wechsel sein!“ heißt es in dem Kirchenlied „Lobt Gott, ihr Christen alle gleich“. Genau das geschieht hier! Und es hat sich ja bereits im Leben Jesu gezeigt.

„Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele hinzugeben.“ (Mt. 20,28 NGÜ)

Jesus hat in seinem Leben gedient: er hat den Jüngern die Füße gewaschen, hat Hungrige gespeist, Zerbrochene aufgerichtet, Bedrückte von Lasten des Gesetzes befreit, Kranke geheilt, Gebundene befreit.
Er hat durch seinen Tod gedient und uns damit errettet. Und jetzt lesen wir, dass er auch bei seiner Wiederkunft dienen wird, uns den Tisch bereiten wird.

Ist das nicht ein starkes Bild, ein froh machendes Bild?

„Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ (Offb. 21,7 Rev. Elb.)

(Jetzt bin ich seltsamerweise doch beim heutigen Predigttext aus Offb. 21.) Ein Gott der zu Tisch bittet und die Tränen abwischt. Ein Gott, auf dem sich das Warten lohnt.
Der Gedanke an die Heimkehr des Herrn soll keine Furcht auslösen, sondern Zuversicht, Hoffnung, Freude.

Die ersten Christen lebten in einer Naherwartung. Sie dachten die Wiederkunft Christ stünde unmittelbar bevor. Viele haben daher völlig darauf verzichtet sich in der Welt einzurichten, sie haben nicht geheiratet, keine Familie gegründet, manche sogar die Arbeit aufgegeben, keine gesellschaftliche Verantwortung übernommen, nicht an Morgen gedacht, weil sie davon ausgingen, dass es gar kein Morgen mehr geben wird.

Wir wissen es heute besser. Es sind fast zweitausend Jahre vergangen. Wir wissen das wir unser Leben planen müssen, einen Beruf ergreifen, Familie gründen und ernähren, für den Ruhestand vorsorgen usw.

Trotzdem sind wir näher dran an der Wiederkunft als die ersten Christen. (Jetzt bin ich doch bei der Endzeit. Der Wartezeit!) Trotzdem gilt auch uns die Aufforderung die Lenden zu gürten und die Lichter brennen zu lassen.

Aber was heißt es für uns heute, bereit zu sein?

1. Bereit sein heißt die Lichter leuchten lassen

Lasst Eure Lichter leuchten! Das hat für mich etwas mit Reinheit zu tun. Mit verantwortlichem Leben. Mit christlicher Ethik. Mit christlichen Werten. Mit Leben in der Liebe. Nicht so, wie der untreue Knecht, der angefangen hat die anderen zu schlagen und sich zu bereichern.

Das Jahr 2016 geht ja bald zur Neige. Können wir guten Gewissens sagen, dass wir immer bereit waren. Dass uns Jesus nie in Situationen angetroffen hätte, wo wir uns hätten schämen müssen. Ich fürchte, das können wir nicht, wenn wir ehrlich sind. Wie oft waren wir doch lieblos, gleichgültig, egoistisch oder einfach in der Nachfolge lethargisch?! Ich sage das nicht um Druck aufzubauen und ein schlechtes Wissen aufzubauen, sondern einfach als Bestandsaufnahme der Realität, als Bekenntnis. Wir sind immer wieder schwach. Isso. So ist es. Amen. Und dürfen gleichzeitig aus der Gnade leben.

Wir haben gerade eine Gemeindefreizeit hinter uns und haben uns mit den Herausforderungen des Christseins in der zweiten Lebenshälfte beschäftigt, mit den Umgang mit Enttäuschungen und nicht eingetroffenen Erwartungen und Visionen, aber auch mit geistlicher Reife und Weisheit.
Und da haben wir uns z.B. eine Frage gestellt: Wie möchten wir vom Ende her auf unser Leben zurück blicken? Was möchten wir da sehen? Was wäre uns da wichtig? Was soll auf unserer Grabrede gesagt werden?
Und da haben wir gemerkt: da spielen unsere Erfolge und Niederlagen überhaupt keine Rolle mehr. Weder im Beruf noch in geistlichen Diensten. Die Erfolge gehören Gott und die Niederlagen genauso. Was dann noch zählt ist die Liebe. Habe ich mein Leben in der Liebe gelebt? Zu Gott (oder besser in Gott) und zu den Menschen.

„Was für immer bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Aber am größten von ihnen ist die Liebe.“ (1. Kor. 13,3 NGÜ)

2. Bereit sein heißt die Ärmel hochkrempeln

„Alles, was ihr sagt, und alles, was ihr tut, soll im Namen von Jesus, dem Herrn, geschehen, und dankt dabei Gott, dem Vater, durch ihn….Ihr Sklaven… worin auch immer eure Arbeit besteht – tut sie mit ganzer Hingabe, denn ´letztlich` dient ihr nicht Menschen, sondern dem Herrn.“ (Kol. 3, 17.22a.23 NGÜ)

Bereit zu sein, die Ärmel hochgekrempelt, die Lenden gegürtet zu haben, heißt sein Leben, seinen Alltag so zu gestalten, dass es Gott ehrt.

Paulus spricht dies hier den Sklaven zu. Egal welch niedrige Aufgabe, sie auch haben mögen, alles ist wertvoll in den Augen Gottes. Alles kann Dienst für Gott sein. Egal ob ich Hausarbeit mache, in der Altenpflege arbeite, die Straße kehre, Verwaltungsbeamter bin, Lehrer oder Rechtsanwalt oder ob ich predige oder Konfirmanden-Unterricht gebe. Alles ist wertvoll. Alles kann in der rechten Weise zur Ehre Gottes getan werden, wenn ich meine Aufgaben wahrnehme und sie korrekt erledige, wenn ich mir meiner Verantwortung vor Gott und den Menschen bewusst bin und sie annehme. Die geistlichen Tätigkeiten sind dabei nicht wichtiger, als die profanen oder umgekehrt.

Es war Luther, der darauf hinwies, dass jeder Beruf, jede Tätigkeit eine Berufung ist, in der man Gott und den Nächsten dienen kann. Und das die Magd, die die Stube fegt, sogar mehr den Nächsten dient, als der Mönch, der hinter den Klostermauern nur für sein eigenes Heil sorgt.

3. Bereit sein heißt die Schuhe anziehen

„und tragt an den Füßen das Schuhwerk der Bereitschaft, das Evangelium des Friedens zu verbreiten.“ (Eph. 6,15 NGÜ)
Bereit zu sein, heißt neben dem Leben in der Liebe und dem Dienen im Alltag, aber auch das Evangelium weiterzugeben. Hier sind wir alle unterschiedlich. Nicht nur unterschiedlich begabt, sondern auch unterschiedlicher Natur. Was für den einen hundert Möglichkeiten sind, ist für den anderen nicht mal eine einzige Chance.

Ich bin selber kein großer Evangelist und erlebe die Möglichkeiten zum Zeugnis im Alltag oft nur homöopathisch. Ich will hier gar nichts kaschieren. Aber ich denke, wir sollten uns hier öfters daran erinnern und gegenseitig ermutigen. Und etwas was wir alle können ist für bestimmte Menschen, die uns am Herzen liegen oder die Gott uns über den Weg schickt zu beten und auch für Möglichkeiten um bei Ihnen Zeugnis zu sein.

Früher hat man bei den Jahreszahlen noch AD angehängt. Anno Domini. Im Jahr des Herrn. 2016 AD. Eigentlich schade, dass dies nicht mehr üblich ist, denn es hilft einem zu vergegenwärtigen, wem unser Jahr, unsere Zeit, unser Leben gehört und mit wessen Wiederkunft in das Seine wir rechnen sollen.

Wir beten im Vaterunser: Dein Reich komme! Und wir freuen uns, wenn sein Reich durchblitzt in unserem Lebensalltag und in unseren Gemeinden, wenn etwas von seinem Reich sichtbar wird. Seiner Kraft. Seiner Herrlichkeit. Seiner Barmherzigkeit

Aber die endgültige Erhörung wird sein, wenn er kommt um uns in sein Reich zu holen und wir dann mit ihm zu Tisch sitzen werden. Darauf warten wir. Darauf besinnen wir uns auch im Advent. Nicht nur auf die Menschwerdung Gottes, sondern auch auf das zweite Kommen Jesu Christi.

Gustav Heinemann hat einmal gesagt: „Lasst uns der Welt zurufen: Eure Herren gehen, unser Herr aber kommt!“

AMEN.

Dienstag, 1. November 2016

Termine und Aktuelles November 2016

03. - 06.11. Gemeindefreizeit am Hesselberg (mit Bob Hatton, HOPE e.V. und Adolf Gärtner, Coach)

13.11. kein Gottesdienst 

20.11. 10.00 Uhr St. Paul gemeinsamer Gottesdienst mit der JG St. Paul (Predigt Norbert Wohlrab)

27.11. 10.30 Uhr Arche  
Gottesdienst entfällt krankheitsbedingt


 


Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50
St. Paul = Gemeindehaus, Dr.-Martin-Luther-Platz 1

Sonntag, 2. Oktober 2016

Termine und Aktuelles Oktober 2016

02.10. kein Gottesdienst

09.10. 10.30 Uhr LKG Gottesdienst (Predigt Leonid Dolganowsky, Juden für Jesus, Thema: "Die jüdische Hochzeit")

16.10. 10.30 Uhr Hausgottesdienste

23.10. 10.30 Uhr Arche Gottesdienst (Segnung & Fürbitte)

30.10. kein Gottesdienst


 

LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50

Predigt von Norbert Wohlrab (25.09.16)

Röm. 14, 17 - 19


Da ich heute gleich zwei Predigttermine habe, habe ich mir gedacht, es wäre doch ganz praktisch gleich über den offiziellen Predigttextes des heutigen Sonntags zu predigen. So erspar ich es mir zwei verschiedene Predigten vorbereiten zu müssen. Synergieeffekt sozusagen. Außerdem bleib ich dann davor bewahrt immer wieder über meine Lieblingsthemen zu predigen.

Der Text für heute ist Röm. 14, 17-19:

„Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist. Denn wer in diesem dem Christus dient, ist Gott wohlgefällig und den Menschen bewährt. So lasst uns nun dem nachstreben, was dem Frieden, und dem, was der gegenseitigen Erbauung dient.“ (Röm. 14, 17-19 Rev. Elb.)

Das Reich Gottes ist also nicht Essen und Trinken. Wie lebensfeindlich aber auch, oder?

Wir haben in der CGF heute Gottesdienst mit gemeinsamen Mittagessen im Anschluss. Gemeinsames Essen und Trinken gehört bei uns einmal im Monat zum Gottesdienst feiern dazu. Das ist bei uns ein Ausdruck christlicher Lebenskultur. Aber, da haben wir wohl jetzt schon wieder mal alles falsch gemacht. Ätsch! Um sowas geht´s im Reich Gottes nämlich gar nicht. Solche profanen irdischen Dinge sollten wir nämlich nur auf das wirklich Allernotwendigste beschränken. Askese ist angesagt! Essen in der Gemeinde, so was Überflüssiges. Knapp daneben ist auch vorbei.

So oder so ähnlich könnte man diese Bibelstelle, diese Aufforderung ja zunächst einmal verstehen, wenn man sie aus dem Zusammenhang reißt. Aber ist das hier wirklich gemeint? Ist das NT wirklich so lebensverneinend? Hat Jesus selbst nicht ganz anders gehandelt?

Und tatsächlich wenn wir uns das Leben und Wirken unseres Herrn anschauen, dann lesen wir beispielsweise

  • von der Hochzeitsfeier, auf der er Wein vermehrt hat (bei der Heilsarmee wurde diese Bibelstelle in Saft umgewandelt)
  • dass er sich selber bei Zachäus zum Essen eingeladen hat (das sind die liebsten Gäste)  
  • mit Zöllnern und  Sündern gespeist hatund überhaupt so häufig am gemeinschaftlichen Essen und Trinken war, dass die Pharisäer ihn als Fresser und Weinsäufer (Mt. 11,19) tituliert haben uvm. 
  • und auch im AT gibt es bspw. die Aufforderung vor Gott mit Wein, starkem Getränk und allen Speisen, die das Herz begehrt, zu feiern und fröhlich zu sein (5. Mo. 14,26)

Also alles andere als lebensverneinend und so kann dieser Vers aus dem Römerbrief auch nur eine ganz andere Bedeutung haben, die man aber nur im Zusammenhang des ganzes Kapitels erkennt.

Die Gemeinde in Rom war ja keine homogene Gruppe. Nicht so wie wir. Sie bestand wohl nicht nur aus mehreren dezentralen Hauskirchen, sondern auch aus völlig unterschiedlich religiös sozialisierten Gruppen: den Judenchristen und den Heidenchristen, also aus Menschen die vorher im jüdischen Glauben verwurzelt waren oder und aus Menschen, die vorher einer heidnischen Religionen angehört haben.

Und diese beiden Gruppen waren sich nicht besonders grün, denn sie hatten unterschied-liche Auffassungen in manchen theologischen Fragen. Und nicht nur in irgendwelchen nebensächlichen Fragestellungen, wie heute vielleicht Erd- oder Feuerbestattung oder  nimmt man nun homöopathische Medikamente oder lieber doch nicht. Da muss man sich nicht bis aufs Blut streiten. Das ist nicht so existenziell.
Nein, es ging um Fragen, die die tägliche Lebensweise, aber v.a. auch die Praxis der täglichen Nachfolge betroffen haben. Es ging beispielsweise um´s Essen.

V. 2 „Einer glaubt, er dürfe alles essen; der Schwache aber isst Gemüse.“

(Paulus hat also eine eindeutige Meinung zur vegetarischen Ernährung. In der Luther-übersetzung von 1912 steht hier noch so nett übersetzt „der ißt Kraut“.)

Es gab hier zwei Konfliktpotenziale: zum einen die jüdischen Reinheitsgebote, die den Verzehr von bestimmten Fleischarten oder von unsachgemäß zubereiteten Fleisch (nicht richtig geschächteten Fleisch, das noch Blut beinhaltet) verbieten und zum anderen die Tatsache, dass es sich wohl bei dem meisten Fleisch, dass auf dem Markt erhältlich war um Götzenopferfleisch gehandelt hat, also um Überreste von Opfern in unterschiedlichen römischen, hellenistischen oder ägyptischen Kulten, d.h. Fleisch, dass heidnischen Göttern geweiht war und die sozusagen nicht alles aufgegessen haben.

Beides dürfte eigentlich für das Leben eines Christen keine Rolle spielen. Alle Speise kommt von Gott. Die Götzen sind Nichtse und die jüdischen Gesetze sind für Christen genauso „nichtsig". Daher kann alles guten Gewissens verzehrt werden. Wer so denkt ist - zumindest in diesem Punkt - stark im Glauben, der hat eine gewisse Reife erreicht. Aber es gibt eben auch die anderen, die Ängstlichen, die Unreifen, die Schwachen, die Anfänger im Glauben, die noch nicht frei sind in ihrem Gewissen, die noch gefangen sind in ihrer Prägung.

Eigentlich könnten sie unbeschadet nebeneinander existieren, wenn sie sich denn in Ruhe lassen würden, aber

V. 3 „Wer isst, verachte den nicht, der nicht isst; und wer nicht isst, richte den nicht, der isst! Denn Gott hat ihn aufgenommen.
V. 4 Wer bist du, der du den Hausknecht eines anderen richtest? Er steht oder fällt dem eigenen Herrn. Er wird aber aufrecht gehalten werden, denn der Herr vermag ihn aufrecht zu halten.“


Es haut nicht hin mit der friedlichen Koexistenz, sondern sie fangen an einander zu richten, einander zu verurteilen, übereinander herzuziehen. Auch die Starken. Sie sind vielleicht noch gar nicht so reif, wenn sie auf einmal anfangen die Schwachen zu verurteilen und sich über ihre Pedanterie lustig machen.

Dieser Streit ist uns ziemlich fremd. Götzenopferfleisch kriegen wir heute eher selten beim Metzger. (Das müsste man wohl explizit bestellen.) Gewiss auch heute gibt es unterschiedliche Auffassungen in punkto Ernährung, aber es sind keine theologisch motivierten Streitigkeiten, wobei es sicherlich Menschen gibt, bei denen die richtige Ernährung durchaus zu einer Ersatzreligion geworden ist und die eine sehr missionarische Gesinnung haben ihren Standpunkt zu vermitteln.

Es gab aber noch einen anderen Konfliktherd: nämlich der Umgang mit den heiligen Tagen:

  • Sollte man den Sabbat halten?
  • Oder besser den Sonntag, weil Jesus da auferstanden ist?
  • Oder lieber beide Tage?
  • Oder doch gar keinen Tag, weil man doch frei vom jüdischen Gesetz war?

Wie viele würden sich wohl auch heute wünschen, dass Paulus ganz klare Ansagen macht, was die Gestaltung des Sabbats/Sonntages betrifft. Aber weit gefehlt. Es geht hier ja nicht um Ehebruch oder Diebstahl, dazu hätte Paulus sich wohl sehr klar geäußert. Es geht um die Ausgestaltung der Nachfolge. Es geht nicht um besser sündigen, sondern um richtig nachfolgen.

Umso länger ich im Glauben stehe umso mehr stelle ich fest, dass das NT kein Gesetz-buch ist wie das AT. Wir finden hier viel Freiraum in Fragen der Lebensgestaltung und der persönlichen Nachfolge. Und so auch hier:

V. 5 „Der eine hält einen Tag vor dem anderen, der andere aber hält jeden Tag gleich. Jeder aber sei in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt!
V. 6 Wer den Tag beachtet, beachtet ihn dem Herrn. Und wer isst, isst dem Herrn, denn er sagt Gott Dank; und wer nicht isst, isst dem Herrn nicht und sagt Gott Dank.
V. 7 Denn keiner von uns lebt sich selbst, und keiner stirbt sich selbst.“


Beides ist möglich. Man kann zu Gottes Ehre Fleisch essen und man kann zu Gottes Ehre darauf verzichten. Man kann frei sein zum essen und nicht frei sein zum essen.

Beides ist möglich. Man kann zu Gottes Ehre einen Tag höher als andere halten und kann aus der Freiheit des Glaubens darauf verzichten.

Jeder soll in der Gestaltung der Nachfolge seiner Überzeugung gemäß handeln, aber ohne über den, der eine andere Überzeugung hat die Nase zu rümpfen und ohne ihn zu richten.

Eine kurze Geschichte, die ich im Internet gefunden habe, verdeutlich dies:

Ein Vater zog mit seinem Sohn und einem Esel in der Mittagsglut durch die staubigen Gassen von Keshan. Der Vater saß auf dem Esel, den der Junge führte. „Der arme Junge“, sagte da ein Vorübergehender. „Seine kurzen Beinchen versuchen, mit dem Tempo des Esels Schritt zu halten. Wie kann man so faul auf dem Esel herumsitzen, wenn man sieht, dass das kleine Kind sich müde läuft.“ Der Vater nahm sich dies zu Herzen, stieg hinter der nächsten Ecke ab und ließ den Jungen aufsitzen. Gar nicht lange dauerte es, da erhob schon wieder ein Vorübergehender seine Stimme: „ So eine Unverschämt-heit. Sitzt doch der kleine Bengel wie ein Sultan auf dem Esel, während sein armer, alter Vater nebenherläuft.“ Dies schmerzte den Jungen und er bat den Vater, sich hinter ihn auf den Esel zu setzen. „Hat man so etwas schon gesehen?“ keifte eine schleierverhangene Frau, „solche Tierquälerei? Dem armen Esel hängt der Rücken durch, und der alte und der junge Nichtsnutz ruhen sich auf ihm aus, als wäre er ein Diwan, die arme Kreatur!“ Die Gescholtenen schauten sich an und stiegen beide, ohne ein Wort zu sagen, vom Esel herunter. Kaum waren sie wenige Schritte neben dem Tier hergegangen, machte sich ein Fremder über sie lustig: „So dumm möchte ich einmal sein! Wozu führt ihr denn den Esel spazieren, wenn er nichts leistet, euch keinen Nutzen bringt und noch nicht einmal einen von euch trägt?“ Der Vater schob dem Esel eine Hand voll Stroh ins Maul und legte seine Hand auf die Schulter seines Sohnes. „Gleichgültig, was wir machen“, sagte er, „es findet sich doch jemand, der damit nicht einverstanden ist. Ich glaube, wir müssen selbst wissen, was wir für richtig halten.“

(Quelle: Nossrat Peseschkian, Der Kaufmann und der Papagei)


Nach der eigenen Überzeugung handeln ohne den anderen zu verurteilen.

In der CGF sind wir ja mittlerweile so homogenisiert und pasteurisiert, da finden wir gar keinen Ansatzpunkt mehr für irgendwelche theologischen Streitigkeiten. Wir wissen bspw. wie jeder über Taufe denkt. Jeder soll da nach seiner Überzeugung handeln. Manchmal denke ich ein bisschen mehr Reibung würde uns gar nicht schaden, weil mancher dadurch herausgefordert wird, vielleicht auch angetrieben und angespornt wird.

Aber in anderen christlichen Gemeinden gibt es oft noch genug solcher Reizthemen: Ist es für das Reich Gottes förderlicher zu bauen oder nicht zu bauen? Wie laut, wie modern, wie elektrisch usw. soll die Lobpreisband sein? Das sind oft die Gemeindespalter. Frauenordination ist bei manchen auch ein Thema. Es gibt sicher noch viel mehr Konfliktherde, die ich mir mit meinem schlichten Gemüt mir gar nicht vorstellen kann.

V. 10 „Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder auch du, was verachtest du deinen Bruder? Denn wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden.“

Und weiter schreibt Paulus, nicht nur nicht richten, sondern sogar so das Leben gestalten, dass es dem anderen kein Stolperstein ist.

V. 13 „Lasst uns nun nicht mehr einander richten, sondern haltet vielmehr das für recht, dem Bruder keinen Anstoß oder kein Ärgernis zu geben!“

Kein Fallstrick sein! Das ist jetzt ein Wort an die Starken. Wenn ich frei bin zum Verzehr, dann kann ich auch frei sein zum Verzicht in der Gegenwart des Schwachen. Nicht damit ich es dem anderen Recht mache, sondern damit ich durch mein Verhalten dem anderen, dem jungen und schwachen im Glauben nicht in Glaubenskrisen führe.

Trotzdem stellt Paulus klar, auf welcher Seite er steht:

V. 14 „Ich weiß und bin überzeugt in dem Herrn Jesus, dass nichts an sich unrein ist; nur dem, der etwas als gemein ansieht, dem ist es unrein.“

Hier beruft er sich nicht auf sich selbst, sondern auf Jesus Christus. Entweder bezieht er sich auf eine geistliche Offenbarung oder auf Worte Jesu. Und Jesus sagte ja bspw. im Disput mit den Pharisäern und Schriftgelehrten, dass alle Speisen rein sind und nichts von außen den Menschen verunreinigen kann (Mk. 7, 15 - 23).

Aber trotzdem im gemeindlichen Miteinander geht es nicht darum Recht zu bekommen, nicht um das Urteilen und Verurteilen, sondern es geht um einen gemeinsamen Wandel in der Liebe, um gegenseitigen Respekt und Anerkennung, um Rücksichtnahme.

V. 15b sonst „wandelst du nicht mehr nach der Liebe.“

Denn….und jetzt kommt endlich der Vers des Predigttextes:

V. 16 „Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“

oder besser verständlich:

„Denn im Reich Gottes geht es nicht um Fragen des Essens und Trinkens, sondern um das, was der Heilige Geist bewirkt: Gerechtigkeit, Frieden und Freude.“ (Röm. 14,16 NGÜ)

Wenn im NT vom Reich Gottes die Rede ist, dann geht es immer um die ausgeübte Königsherrschaft Gottes, nicht um ein regionales Reich oder Gebiet. Es bedeutet also etwa soviel wie. da:
wo Gott unter Euch herrscht,
wo das Wesen seiner Herrschaft gegenwärtig ist ,
wo seine Liebe gegenwärtig ist…
Dort spielen solche Fragen keine Rolle mehr.

Nächstes Jahr ist Luther-Jahr. Was hat den jungen Luther gequält? Die Frage: Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?
Auch darum geht es in unserem Text: Wie esse ich richtig? Wie halte ich den Feiertag richtig? Die Antwort: Ich muss keine Reinheitsvorschriften mehr beachten um vor Gott bestehen zu können. Ich habe bestanden!

Diese Fragestellungen gehen daher am Kern des Evangeliums vorbei. In einer Klassenarbeit würde der Lehrer wohl sagen: Leider eine Themaverfehlung.

Jetzt hatten wir eine lange Herleitung was das Reich Gottes nicht ist. Wahrscheinlich typisch deutsch: immer auf das Negative schauen. Jetzt wollen wir aber noch auf das Schauen, was das Reich Gottes ausmacht: Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist!

Gerechtigkeit, Friede und Freude. Also, ehrlich gesagt: ich hätte es wahrscheinlich anders definiert. Zuallererst hätte ich Liebe geschrieben und wenn ich jetzt ein organisch-dynamischer Vollblut-Pfingstler wäre, hätte ich wohl auch noch Kraft geschrieben und Barm-herzigkeit natürlich und selbstverständlich Gnade und…..

Nun, ich bin mir nicht sicher, ob Paulus dies als abschließende Aufzählung verstanden haben wollte, aber er hat sich sicherlich dabei etwas gedacht.

Und daher ist es sicher kein Zufall, dass hier als erstes Gerechtigkeit steht. Gerechtigkeit ist ein Wesenszug Gottes. Gerechtigkeit meint mehr als unser regulatives Verständnis.

„Die Bibel meint also mit der Gerechtigkeit Gottes seine umfassende Lebensgabe und Lebensgnade.“

(Quelle: Brunnen, Das große Bibellexikon Band 2)


Denn das ist es ja, was im Reich Gottes bewirkt wird: nicht durch mein ängstliches Streben, sondern durch Gottes Gnade: ich werde gerechtfertigt und erfahre ohne eigenes Zutun, durch das Werk Christi Gottes Gerechtigkeit.

„und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist.“ (Röm. 3,24 Rev. Elb.)

Und diese Gerechtigkeit bewirkt Frieden mit Gott.

„Und der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein.“ (Jes. 32,17 Luther)

So beschreibt Jesaja das Wesen des kommenden Königreiches.

Aber ich denke Gerechtigkeit hat immer auch eine Dimension zu meinen Nächsten hin. Auch in diese Richtung sollen Gerechtigkeit und Frieden als Wesen des Reiches Gottes sichtbar werden. Der wahre Gottesdienst findet im Alltag statt, schreibt Paulus an anderer Stelle im Römerbrief (12,1).

Aus der Gerechtigkeit mit Gott entspringt Gerechtigkeit im Alltag. Gerechtigkeit drückt sich immer in Beziehungen aus. Beim Volk Israel war der Gradmesser der Umgang mit den Witwen, Waisen und Fremden. Auch heute wieder ein aktuelles Thema: der Umgang mit den Fremden.

Als ich von der Partei mit dem C im Namen kürzlich gelesen habe, sie wollen Asyl künftig auf Christen reduzieren, musste ich an das Wort Jesu denken: „Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr? Tun nicht auch die Zöllner dasselbe?“ (Mt. 5,46 Rev. Elb.)

Gerechtigkeit im Alltag, in der Gesellschaft, in der Politik, im Reich Gottes…ein spannendes Thema. Stoff für viele weitere Predigten.

Frieden. Wer Frieden mit Gott hat, kann auch Frieden mit seinen Mitmenschen leben. Dabei ist nicht nur kein Krieg und kein Streit gemeint, sondern ein füreinander sorgen. Ein sich aktives Einsetzen.

V. 19 „So lasst uns nun dem nachstreben, was dem Frieden…dient.“

Fehlt noch Freude. Ich muss zugeben: Ich hab´s nicht so mit der Freude. Ich bin einfach sowas von ausgeglichen. (Liegt vielleicht daran, dass ich seit meiner Jugend „beta-geblockt“ bin.) Ich bin schon zufrieden, wenn ich mich mal innerlich freue. Wenn ich auf irgendwelchen Konferenzen bin und dann enthusiastisch jubelnde und emotional verzückte Christen sehe, komm ich mir mit meiner Ausgeglichenheit immer recht minderbegabt vor.

Aber das biblische Freude bedeutet viel mehr. Sie meint ein ganzheitliches Wohlbefinden. (Und mit Wohlbefinden kenn ich mich als Wohlrab aus.) Fülle. Leben in Fülle.

V. 18.19 „So lasst uns nun dem nachstreben, was dem Frieden, und dem, was gegenseitigen Erbauung dient.“

AMEN.

Donnerstag, 1. September 2016

Termine und Aktuelles September 2016

------- Sommerpause -------

18.09. 10.30 Uhr Hausgottesdienste

25.09. 10.30 Uhr LKG Gottesdienst mit anschl. Essen (Predigt Norbert Wohlrab)
 

LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50
St. Paul = Gemeindehaus, Dr.-Martin-Luther-Platz 1

Freitag, 5. August 2016

Termine und Aktuelles August 2016

07.08. 11.00 Uhr OpenAir-Gottesdienst der Evangelischen Allianz im Stadtpark

-------- Sommerpause (keine Gottesdienste) --------

Samstag, 2. Juli 2016

Termine und Aktuelles Juli 2016

03.07.   10.00 Uhr St. Paul gemeinsamer Gottesdienst mit der JG St. Paul mit anschl. Essen (Predigt Christiane Schönberger, Thema: "Der Name Jesu" )

10.07.    kein Gottesdienst

17.07.    10.30 Uhr Arche Gottesdienst (Zeugnis & Fürbitte)

24.07.   10.30 Uhr LKG Gottesdienst mit anschl. Essen (Predigt Thomas Herrmann, JG St. Paul)

31.07.    kein Gottesdienst




LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50
St. Paul = Gemeindehaus, Dr.-Martin-Luther-Platz 1 

Samstag, 4. Juni 2016

Termine und Aktuelles Juni 2016

05.06.   10.30 Uhr Hausgottesdienste

12.06.    kein Gottesdienst

 
19.06.   
10.30 Uhr Arche Gottesdienst (Predigt Lennart Forsman)

26.06.   10.30 Uhr LKG Gottesdienst mit anschl. Essen (Predigt Claudia Bernhardt, Iris Ministries)




LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19 
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50

Mittwoch, 11. Mai 2016

Predigt von Norbert Wohlrab (08.05.2016)

Versuchungen und Prüfungen

Wir hatten kürzlich im Hauskreis einen Text gelesen über den es sich lohnt einmal weiter nachzudenken:

„Darin jubelt ihr, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es nötig ist, in mancherlei Versuchungen betrübt worden seid, damit die Bewährung eures Glaubens viel kostbarer befunden wird als die des vergänglichen Goldes, das durch Feuer erprobt wird, zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi;“ (1. Petr. 1, 6.7 Rev. Elb.)

„in mancherlei Versuchungen betrübt worden seid“. Ich möchte heute über Versuchungen und Prüfungen, über Anfechtungen sprechen. Ein sehr kompliziertes Thema, wie ich in der Vorbereitung merkte. Lesen wir den Text noch einmal in einer anderen Übersetzung:

„Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus.“ (1. Petr. 1, 6.7 Luther)


So schreibt Luther hier nicht von Versuchungen, sondern von Anfechtungen. Und um die Verwirrung komplett zu machen, noch die Einheitsübersetzung:

„Deshalb seid ihr voll Freude, obwohl ihr jetzt vielleicht kurze Zeit unter mancherlei Prüfungen leiden müsst. Dadurch soll sich euer Glaube bewähren und es wird sich zeigen, dass er wertvoller ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde und doch vergänglich ist. So wird (eurem Glauben) Lob, Herrlichkeit und Ehre zuteil bei der Offenbarung Jesu Christi. “ (1. Petr. 1, 6-7 EÜ)

In drei verschiedenen Übersetzungen wird also derselbe Sachverhalt, dasselbe Wort mit drei verschiedenen Bedeutungen wieder gegeben: Versuchungen, Anfechtungen und Prüfungen wiedergegeben. Ich weiß nicht, wie Ihr das seht, aber für mein Empfindungen sind das doch eher unterschiedliche Sachen, oder ist das alles doch das gleiche??

Das Problem ist, dass das griechische Wort, dass hier steht („peirasmos“) tatsächlich mit allen drei deutschen Übersetzungen wiedergegeben werden kann und im griechischen hier nicht differenziert wird. Nur ist das seelsorgerisch betrachtet, nicht wirklich hilfreich, weil ich möchte das Geschick, dass mir widerfährt, doch einordnen können um darauf auch angemessen reagieren zu können.

Was war hier eigentlich die Ausgangslage? Petrus schreibt an verschiedene Gemeinden in Kleinasien, die alle unter Schmähungen (2,12), Verunglimpfungen (4,14) und Verfolgungen (4,12) zu leiden hatten.

Die Christen im ganzen römischen Reich litten damals unter Verfolgungen und die Gemeinden im Raum Kleinasiens wurden gerade besonders massiv bedrückt. So stark, dass viele der Gläubigen sogar in Erwägung zogen, zu ihrem alten heidnischen Leben zurückzukehren. Dadurch entstanden auch viele Konflikte in der Gemeinde und in den Familien, weil es unterschiedliche Meinungen gab, wie auf die Bedrückungen zu reagieren ist. Hier versucht Petrus nun zu trösten und zu ermutigen, in dem er auf den Lohn des Glaubens und des Durchhaltens hinweist und auch einige Anweisungen für die Praxis gibt, für den Umgang mit dem Staat, in der Familie, mit den Ältesten bzw. an die Ältesten usw.

Aber kommen diese Verfolgungen deshalb von Gott? Ist er es, der diese Verfolgungen schickt um den Glauben zu prüfen?
Nun Gott lässt sie zu, genauso wie er es auch heute zulässt, dass viele Christen bspw. in muslimischen Ländern um ihres Glaubens willen um ihr Leben fürchten müssen. Aber ist er deshalb der Urheber der Verfolgungen? Versucht er die Christen, die Echtheit ihres Glaubens? Ich denke nicht.

Ich bin froh, dass es zu diesem Themenkomplex eine zentrale Aussage im NT gibt, die uns hilft die richtige Zuordnung der anderen Bibelstellen vorzunehmen. Es heißt nämlich im Jakobusbrief:

„Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich werde von Gott versucht. Denn Gott kann nicht versucht werden vom Bösen, er selbst aber versucht niemand.“ (Jak. 1,13 Rev. Elb.)

Hier sind sich erfreulicherweise alle Übersetzungen einig und übersetzen hier einheitlich „versucht“. Gott versucht niemanden!

Versuchung kommt niemals von Gott, sondern im NT wird immer der Satan, als der Versucher dargestellt (1. Thes. 3,5; 1. Kor. 7,5; Mt. 4, 1-11). Denken wir nur an die Versuchung Jesu.

„Seid nüchtern, wacht! Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann.“ (1. Petr. 5,8 Rev. Elb.)

Wenn Satan versucht, hat er immer ein Ziel, er kommt „um zu stehlen und zu schlachten und zu verderben“ (Joh, 10.10), er will die Christen vernichten, sie verführen, in Verdammnis bringen und letztlich vom Glauben abfallen lassen, von Gott wegbringen. Das ist das Ziel aller Versuchungen.

Gott dagegen setzt unserem Glauben manchmal Prüfungen aus, deren Ziel genau das Gegenteil ist, nämlich dass unser Glaube gefestigt und gestärkt wird, dass er reift und sich bewährt, dass wir näher und tiefer zu Gott kommen.

Ob das was uns widerfährt nun eine Versuchung oder eine Prüfung ist, entscheidet sich einzig und allein daran, von wem sie kommt. Von Gott oder vom Satan. Gott prüft, der Satan versucht.
Nur, lässt sich das immer so einfach unterscheiden? Selbst die Bibelübersetzer wussten ja nicht immer welche Übersetzung hier immer angemessen ist.

Letztlich ist es ja aber auch so, dass auch das erfolgreiche Widerstehen gegen eine Versuchung unseren Glauben stärkt.

Aber, wir beten doch auch  im Vaterunser zu Gott:  „…und führe uns     nicht in Versuchung,     sondern rette uns von dem Bösen!“ (Mt. 6,13 Rev. Elb.)?

Ist das nicht eine Bitte an Gott, dass er uns nicht versuchen soll? Wie ist das zu verstehen?

Dies ist keine Bitte an Gott, dass er uns nicht versuchen soll, sondern dass er uns vor Situationen, in denen wir versucht werden können, möglichst bewahren soll, dass die Versuchung nicht über uns kommen soll, dass der Böse uns nicht überwältigen soll, dass wir nicht in die Falle tappen.

Thomas von Aquin schreibt dazu in einem Kommentar „Vater im Himmel, lass uns der Versuchung nicht erliegen, bewahre uns in der Versuchung, dass wir nicht von dir abfallen“.

Genauso betet ja auch Jesus ja für uns:

„Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen.“ (Joh. 17,15 Rev. Elb)

Nicht aus der Welt nehmen, nicht aus der Versuchungssituation heraus nehmen, sondern in ihr bewahren.
Es geht also nicht darum, dass Gott uns nicht versuchen soll, sondern es ist ein Flehen zu Gott, dass wir möglichst vor Versuchungssituationen bewahrt werden sollen und es drückt auch aus, dass Gott uns führen soll. Wir wollen seiner Führung folgen, genauso wie wir Jesus nachfolgen wollen.

Aber wir wissen auch, es ist ein Gebet, dass nicht immer so erhört wird, wie wir es uns wünschen. Wir werden nich so  in Watte gepackt, dass wir erst gar keine bedrohlichen Situation erleiden müssen. Aber es wird so erhört, dass keine Versuchung über unsere Kraft geht:

„Keine Versuchung hat euch ergriffen als nur eine menschliche; Gott aber ist treu, der nicht zulassen wird, dass ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen wird, so dass ihr sie ertragen könnt.“ (1. Kor. 10,13 Rev. Elb.)

Dies ist die Zusage, die wir quasi als Antwort auf das Gebet erhalten.

Aber nochmal zurück zur Frage: woher weiß ich, ob ich einer Prüfung von Gott oder einer Versuchung durch den Satan ausgesetzt bin? Jetzt wird es etwas praktischer.

Prüfungen im Leben des Gläubigen sind ja sowieso ein Themenkomplex, der heute eigentlich gar nicht mehr so gelehrt wird, den wir kaum im Blick haben Unser Christenleben ist ja immer nur erfolgsorientiert und jede Situation hat uns untertan zu sein. Es ist aber wohl auch nicht die normale Alltagssituation.

Das beste Beispiel für Prüfungen in der Bibel ist Abraham. Sein Vertrauen zu Gott wurde getestet: wäre er bereit Isaak Gott zu überlassen, ihn zu opfern, in der Hoffnung, dass er ihn wieder zum Leben erwecken würde?
Abraham hat den Test bestanden. Niemand kam zu Schaden. Und sein Vertrauen in Gott wurde noch mehr gefestigt.

Eine Prüfung ist ein Test, wie in der Schule. Durch den Verlauf und den Ausgang des Tests, erkennen wir uns selbst besser und erkennen, woran wir noch zu arbeiten haben. Unser Glauben wird gestärkt und unser Charakter wird gebildet.

Ich kann mich an Situationen erinnern, wo ich lernen musste, die andere Wange hinzuhalten. Situationen in denen ich zu Unrecht angegriffen wurde, und ich mich dann bewusst dazu entschieden habe, nicht zurückzuschlagen, sondern die Demütigung zu erdulden. Waren es Prüfungen von Gott? Ich weiß es nicht. Aber ich konnte darin reifen. Und ich denke so Situationen kennen wir vielleicht alle.

Versuchung dagegen will uns verführen und schaden.

Für Abraham war das klar. Er hatte es ja direkt mit Gott zu tun. Er wusste: Hier spricht Gott zu mir. Aber wir? Wir tun uns schon schwerer all das richtig einzuordnen, was wir als Anfechtung erleben.

Ich denke Anfechtung ist so der Überbegriff. Darunter lässt sich alles darunter einordnen, was unseren Glauben anficht: Versuchungen, Prüfungen auch Leid kann eine Anfechtung sein.

Wobei ich behaupte, Leiden körperlicher Art, Krankheiten und Verluste fallen weder unter Versuchungen noch unter Prüfungen, sondern sie kommen über alle Menschen, weil sie noch in dieser Welt der Sünde und des Todes leben. Diese Welt ist noch gefallen und nicht vollendet und wir sind noch Teil davon 

Luther empfiehlt daher einen klaren Umgang mit Anfechtungen, weil man eben nicht immer weiß, ob man es mit Gott oder dem Teufel oder mit menschlichen Leid zu tun hat:

„In allem Leiden und aller Anfechtung soll der Mensch zu allererst zu Gott laufen und der soll seine Anfechtung erkennen, als sei sie ihm von Gott zugeschickt, auch wenn sie vom Teufel oder vom Menschen komme. … Auf diese Weise lernt er Geduld und Gottesfurcht.“ (Auslegung der Bußpsalmen zu Psalm 6, 1517)

Zuallererst zu Gott laufen! Das ist ein sehr weiser Ratschlag. Wenn man diesen Ratschlag berücksichtigt, dann dient einem wirklich alles zum Besten mit, wie wir es im Römerbrief lesen (Röm. 8,28).

Prüfungen haben einen Sinn…Versuchungen haben einen Sinn - zumindest für den Teufel…Leid? Leid hat keinen Sinn. Aber durch das zu Gott laufen - wie Luther es beschreibt - , können wir alle Anfechtungen meistern und aus ihnen gereift hervorgehen. Ist das einfach? Nein. Hier brauchen wir einander, hier kann Gemeinschaft gelebt werden und hier brauchen wir den Heiligen Geist.

Aber nochmal zurück zu Luther. Wir gehen ja scharf aufs Lutherjahr zu, da kann man ihn schon mal öfters zitieren.

Luther sagt es gibt Anfechtungen und Versuchungen von links und von rechts. Und das hat jetzt nichts mit politischer Orientierung zu tun. Er meint damit solche, die weh tun und solche, die wohl tun.

Die Anfechtung von links kommt aus der Schwäche heraus: Krankheit, Armut, Unehre, wenn der eigene Wille nicht beachtet wird, wenn der Ratschlag verworfen wird, wenn man verachtet und gedemütigt wird, scheitert und einzustecken hat, dann kommt man in Versuchung zu hassen, bitter zu werden, zurückzuschlagen, feindselig zu werden, Gott zu verklagen.

Die Anfechtung von rechts kommt aus der Position der Stärke: man ist erfolgreich, beliebt, es geht mir gut, alles ist in Ordnung, ich lebe im Wohlstand und baue mein Leben und meine Sicherheit auf meinem Überfluss auf und vergesse meinen Nächsten und vergesse Gott.

Aber es gibt auch Versuchungen von innen und von außen. Jakobus schreibt:

„Ein jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird.“ (Jak. 1,14 Rev. Elb)
Von innen kommen die Versuchungen aus unseren eigenen Begierden, die aus unseren eigenen Herzen kommen, wenn uns die Augen verführen, Wünsche und Träume, aber auch Trägheit und Gleichgültigkeit. All das kann uns zur Sünde verführen.

Von außen kommen die Beeinflussungen aus der Werbung, dem Internet, der Gesell-schaft, der Kultur, des Mainstreams. Wenn gute christliche Werte verwässert und unterminimiert werden.
Sicher manche christliche Kultur ist veraltet und kann getrost über dem Haufen geschmissen werden, aber manchmal passen wir uns ganz unbewusst dem gesellschaftlichen Trend an und merken gar nicht, wie wir manche Werte aufgeben: z.B. im Umgang mit Ehe und Familie, Finanzen, Wahrheit usw. Aber auch hier ist es nicht immer einfach christliche Werte von christlicher Kultur zu trennen.

Die Kirchenväter kannten auch noch weitere Unterscheidungen: offene und verborgene Versuchungen. Der Satan kann als brüllender Löwe (1. Petr. 5,8) in Erscheinung treten, ganz offensichtlich  (z.B. Nationalsozialismus, Islamischer Staat, Satanismus etc.) oder als Engel des Lichts (2. Kor. 11,14). Hier würde ich am ehesten pseudo-christliche Gruppierungen und Strömungen einordnen (z.B. Wort und Geist, aber auch Gesetzlichkeit; im Urchristentum waren es Gnosis und Judaismus).

Und es gibt noch die frommen Versuchungen. Wenn wir hochmütig werden, weil wir z.B. sagen: Gott hat mich zum Leiter, zum Propheten usw. gesalbt, also müssen sich die anderen gefälligst mir unterordnen, weil nur ich die richtige Erkenntnis, den richtigen Durchblick habe. Dadurch stelle ich mich auf eine Ebene mit Gott.
Aber genauso andersrum: ich kann mir einreden, dass ich nichts wert bin, nichts kann, zu unreif bin und Gott mich nicht gebrauchen kann usw. Damit verachte ich letztlich das Werk, dass er in mir getan hat.

Wir sehen, es gibt verschiedenste Arten von Versuchungen: von links und rechts, von innen und außen, geistliche usw.. Das Ziel ist immer den Christen den Glauben zu vermiesen und ihn vom Glauben weg zu bringen.

Versuchungen sind der Normalfall. Der Theologe Lüthi hat gesagt: „Der Teufel hat‘s wie die Katzen. Keine Katze jagt einer toten Maus nach, sie ziehen lebendige Mäuse vor.“

Jakobus sagt uns:

„Widersteht aber dem Teufel! Und er wird von euch fliehen.“ (Jak. 4,7b Rev. Elb.)

Dies geschieht durch das Gebet, durch die Unterstützung in der Gemeinschaft. Es kann manchmal auch notwendig sein voreinander Versuchungen zu benennen und zu bekennen, um ihnen die Macht zu nehmen.

Am Ende gilt, wie es mal jmd. mal formuliert hat: „Jesus Christus ist die zarteste Erlösung, seitdem es die Versuchung gibt“ (Lothar Leese, ERF 2004).

Wir leben in einer Welt, in der das Böse noch Raum hat. Aber wir leben auch in dem Wissen, dass Jesus, die Welt überwunden hat und wir mit ihm daran teilhaben und nichts stark genug ist um sein Erlösungswerk zu überwinden.

„Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ (1. Joh. 5,4 Rev. Elb.)

AMEN.

Montag, 2. Mai 2016

Termine und Aktuelles Mai 2016

01.05.    10.30 Uhr  Hausgottesdienste

08.05.   10.30 Uhr Arche Gottesdienst (Predigt Norbert Wohlrab, Thema: "Versuchungen und Prüfungen")


15.05.    Gemeindewanderung entfällt (Pfingsten)


22.05.   10.30 Uhr LKG Gottesdienst mit anschl. Essen (Predigt Bob Lidfors)


29.05.    kein Gottesdienst


LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19 
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50


Freitag, 1. April 2016

Termine und Aktuelles April 2016

03.04.    10.30 Uhr Hausgottesdienste  
   
10.04.    10.30 Uhr Arche Gottesdienst (Predigt Jürgen Grau)


17.04.    kein Gottesdienst


24.04.    10.30 Uhr  LKG Gottesdienst mit anschl. Essen (Predigt Mathias Hühnerbein, Nehemia-Team, Thema: "Gesund glauben und leben")
 


LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19 
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50


Sonntag, 13. März 2016

Predigt von Norbert Wohlrab (13.03.2016)

Mühselig und beladen. mp3


Mühselig und beladen


1. Einleitung

Für den heutigen Sonntag ist mir ein Bibeltext aus dem Matthäus-Evangelium wichtig geworden, den wir alle nur zu gut gehen:

„Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen! Und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir! Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und "ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen“; denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“ (Mt. 11, 28-30 Rev. Elb.)

 
Jesus spricht also: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid.“ Dieser Vers ist uns allen bekannt, egal ob wir nun Anfänger im Bibellesen sind oder sie noch gar nicht gelesen haben oder schon Fortgeschrittene sind. Diese Einladung, den sogenannten Heilandsruf haben wir irgendwo schon mal gehört Er ist uns allen vertraut.

Ich habe im Internet ein Beispiel gelesen, dass wenn ich jetzt in einer afroamerikanischen Gemeinde irgendwo in New York, in Harlem oder Brooklyn fragen würde: „Wer von Euch ist denn beladen?“, dann würde sofort ein großer Teil der Anwesenden die Hände heben und nach vorne stürmen, weil genau sie sich mühselig und beladen fühlen und Gebet brauchen. Der Rest der Gemeinde würde das Ganze mit lauten Singen und Beten und „Halleluja“- und „Amen“-Rufen begleiten. Aber auch sie würden sich selbst selbstverständlich als mühselig und beladen definieren.

Und hier bei uns?
Haben nicht auch wir vielfach schwer zu tragen in unserem Leben?
Sind nicht auch wir häufig schwer belastet und beladen?
In unserem Alltag: in der Arbeit, in der Familie? Oder durch Krankheit und Leid ?

„Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ (Mt. 11,28 Luther)

Brauchen nicht auch wir diese Erquickung, wie es Luther übersetzt?

Wünschen wir uns nicht, dass irgendwie alles gut wird, alle Probleme werden gelöst, endlich auftanken, rund-um-versorgt sein wie ein Säugling an der Brust der Mutter, all-inclusive wie auf dem Kreuzfahrtschiff, Sonne und Strand, Karibik und Cocktails, Wellness bis zum Abwinken, Auszeit und Massage, ganzheitliche Erquickung aus dem Gebetsautomaten Gottes, alles wird gut. Eine Art christliches Schlaraffenland.

Liebe Gemeinde, ich habe jetzt bewusst überzeichnet, aber solche oder zumindest so ähnliche Gedanken haben wir schon beim Lesen dieses Verses:

„Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch plagt und von eurer Last fast erdrückt werdet; ich werde sie euch abnehmen.“ (Mt. 11,28 NGÜ)

aber ich befürchte, Jesus meint hier etwas ganz anderes.



2. Befreiung von religiösen Lasten

Gewiss werden wir im NT - Gott sei Dank - eingeladen unsere Sorgen und Nöte ihn hinzubringen, auf ihn zu werfen und loszulassen. Und ich weiß gar nicht, wie ich ohne dies leben könnte. Das Leben wäre zumindest viel schwerer, düsterer, belasteter. Aber hier bei diesem Heilandsruf geht es Jesus um eine ganz andere, um eine ganz spezielle Art von Last.

Vergegenwärtigen wir uns zunächst einmal das Umfeld an in dem Jesus hier diese Aussage trifft. Jesus ist gerade mit seinen Jüngern in Galiläa unterwegs um das Reich Gottes zu verkünden. Da kommt eine Gruppe von Johannesjüngern zu ihm. Sie wollen wissen, ob Jesus der Messias ist. Er spricht dann zu einer nicht genauer definierten Menge, die sich also aus seinen Jüngern, den Johannesjüngern und den übrigen Menschen zusammen setzt, die gekommen sind um ihn zu hören.

Diese Menschen haben alle (oder zumindest zum größten Teil) etwas gemeinsam: es sind fromme, religiöse Menschen.
Die Zeit Jesu war allgemein eine Zeit hoher Frömmigkeit im Judentum. Es gab keine Hurerei mit fremden Göttern. Es gab viele radikale religiöse Gruppen und Sekten, die Pharisäer und Sadduzäer, die Essener uvm. Außerdem gab es eine hohe Messias-Erwartung. Erst hat man gedacht, Johannes könnte der Gesalbte sein, nun fragt man sich, ob Jesus es sein könnte.

Seine Zuhörer sind also größtenteils Menschen, die versuchen „richtig“ zu leben, die versuchen nach dem Willen Gottes zu leben. Menschen die das Gesetz und die religiösen Vorschriften der damaligen Zeit kennen und danach streben, sie zu befolgen. Menschen die versuchen, die 613 Gebote des AT plus die zahlreichen weiteren Vorschriften der Pharisäer usw. einzuhalten. Es sind Menschen, die nach dem Frieden mit Gott, nach Erlösung, nach Ruhe in Gott suchen und sie durch das Befolgen der Gesetze und Vorschriften zu erlangen hoffen.

Und mit diesen Vorschriften und Gesetzen plagen und quälen sie sich ab. Von ihnen werden sie erdrückt. Die Gebote und das Gesetz sind schon schlimm genug und unhaltbar. So schlimm, dass Paulus sie als Dienst des Todes bezeichnet (2. Kor. 3,7). Aber nun kommen auch noch die Pharisäer mit ihren zusätzlichen Vorschriften, von denen Jesus sagt:

„Sie binden aber schwere und schwer zu tragende Lasten zusammen und legen sie auf die Schultern der Menschen. (Mt. 24,4 Rev. Elb.)

Hiermit haben sich die Menschen geplagt. Damit haben sie gekämpft und gerungen. Sie waren mühselig. Hatten also Mühe für ihre Seele, in der deutschen Übersetzung des Wortes kommt das ganz gut rüber.
Die Frage, die sie gequält hat, war auch die uns bekannte Frage eines Martin Luthers: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“
„Wie bekomme ich Frieden mit Gott?“
„Wie kann ich in die Ruhe Gottes eingehen?“

Und Ruhe meint hier ja nicht nur: cool down, chillen und immer schön locker bleiben. Es meint die Ruhe durch den Frieden mit Gott.

„So spricht der HERR: Tretet auf die Wege, seht und fragt nach den Pfaden der Vorzeit, wo denn der Weg zum Guten sei, und geht ihn! So werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.“ (Jer. 6,16 Rev. Elb.)

Es geht hier also nicht um die Mühsal des Alltags:

  • um die Lasten die ein Bauer bei der kargen Erntearbeit zu tragen hat oder
  • um die kinderlose Witwe deren Mann zu früh verstorben ist und die nun von Almosen leben muss oder
  • um den Sklaven, der unter den Gewaltausbrüchen seines Herrn zu leiden hat oder
  • um den Viehhirten, der einen Arm beim Kampf gegen einen Berglöwen verloren hat usw.

Diesen Alltagsnöte von Tausenden hätte Jesus als einzelner Mensch ja auch gar nicht abhelfen können. Allerhöchstens punktuell. Hier hätte er viele enttäuschen müssen. Nein, ihm geht es hier um das Seelenheil.

„Kommt zu mir“ ist der weitgehend identische Ruf mit dem uns bekannten „Folget mir nach“. Es geht um die Einladung sein Heil, seine göttliche Ruhe in Jesus zu finden. Ruhe für die Seele, nicht durch das ängstliches Befolgen von Vorschriften und durch Abmühen, sondern durch das Annehmen des Geschenkes der Gnade, des Heils aus seiner Hand.

Es gibt einen Text beim Propheten Jesaja, an dem ich in diesem Zusammenhang wieder denken musste:

„Auf, ihr Durstigen, alle, kommt zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt, kauft und esst! Ja, kommt, kauft ohne Geld und ohne Kaufpreis Wein und Milch! Warum wiegt ihr Geld ab für das, was kein Brot ist, und euren Verdienst für das, was nicht sättigt? Hört doch auf mich, und esst das Gute, und eure Seele labe sich am Fetten! Neigt euer Ohr und kommt zu mir! Hört, und eure Seele wird leben! Und ich will einen ewigen Bund mit euch schließen, getreu den unverbrüchlichen Gnadenerweisen an David.“ (Jes. 55,2 Rev. Elb.)

Es gibt kein Geld, keine Mühe, kein Werk, dass es ermöglicht selbst in die Ruhe Gottes zu kommen. Es ist alles umsonst, weil alles umsonst ist. Alles Bemühen ist nutzlos, weil alles gratis ist.


3. Aufruf

„…alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist. (Röm. 3, 23.24 Rev. Elb.)

Alle umsonst? Alle, die danach suchen. Die nach der Ruhe, nach dem Heil trachten, die sich Rechtfertigung wünschen. Wenn ich nicht danach suche, kann ich den Heilandsruf ja auch nicht hören. Wenn ich kein Interesse am Heil, keine Sehnsucht nach meiner Erlösung habe, kann ich auch nicht hören, wie Jesus mich einlädt zu ihm kommen und zu glauben, dass er der Heiland ist, dass er für mein Heil vorgesorgt hat.

Aber wenn ich es höre, dann kann ich sagen: „Ja, Herr. Ich glaube! Ich erkenne, dass ich ein Sünder bin und ich brauche Deine Vergebung und nehme sie für mich persönlich an. Danke, dass Du für meine Schuld gestorben bist.“ 


So wird man Christ. Nicht durch ein bisschen Wasser auf den Kopf in einer Lebensphase, wo der Kopf noch gar nicht richtig ausgebildet ist, sondern durch das persönliche Annehmen der Vergebung Gottes ermöglicht durch den Tod von Jesus Christus am Kreuz. Denn auch wenn es für mich umsonst ist, hat es Jesus doch einiges gekostet.

Und dann passiert es: kaum mal nicht aufgepasst, schon hab ich ein Joch um den Hals. Es heißt ja, dass wir sein Joch aufnehmen sollen.

Bob Dylan singt in einem Lied :

„You're gonna have to serve somebody,
It may be the devil or it may be the Lord
But you're gonna have to serve somebody.“.


(„Gotta Serve Somebody“, 1979 auf „Slow Train Coming“)

Irgendjemanden musst Du dienen. Irgendein Joch wirst du immer tragen, ob Du willst oder nicht.

Mache ich mich zum Sklaven des Materialismus oder des Konsums?
Trage ich das Joch des beruflichen Erfolges?
Versuche ich mein Heil in der Esoterik zu finden?
Werde ich zum Sklaven meines Freizeitgenusses?
Oder versuche ich einfach nur in aller Selbstbestimmtheit mir mein eigenes Ich als Joch zu zimmern und aufzuerlegen?

Irgendein Joch wirst Du tragen. Der Unterschied ist der, das Joch, das Jesus mir auflegen möchte, ist nicht schwer. Es ist ein leichtes Joch. Es drückt nicht, es schneidet nicht ein. Sein Joch ist sanft, weil er sanftmütig ist. Er fordert uns auf von ihm zu lernen. Er zwingt uns nichts auf.

Sein Joch heißt einfach: „Glaube an mich. Nimm meine Vergebung an. Lebe in meiner Liebe….und gib meine Liebe weiter.“ Und sogar dabei hilft er uns. In einem Joch sind ja zumeist zwei Tiere eingespannt, die gemeinsam daran ziehen. Jesus spannt sich selbst mit ein. Er zieht mit uns. Wir können nicht nur an seinem Vorbild lernen, er gibt uns auch noch den Heiligen Geist, der uns vieles erst ermöglicht.

In den Apokryphen gibt es bei Jesus Sirach einen interessanten Text, der sowohl Elemente des Heilandsrufs, als auch der vorhin gelesenen Stelle aus Jesaja beinhaltet. Dort ist es die Weisheit, die beschrieben wird. Die Weisheit ist ja vielfach auch ein Bild für Jesus.

„Kehrt bei mir ein, ihr Unwissenden, verweilt in meinem Lehrhaus! Wie lange noch wollt ihr das alles entbehren und eure Seele dürsten lassen? Ich öffne meinen Mund und sage von ihr: Erwerbt euch Weisheit, es kostet nichts. Beugt euren Nacken unter ihr Joch und nehmt ihre Last auf euch! Denen, die sie suchen, ist sie nahe, und wer sich ihr ganz hingibt, findet sie. Seht mit eigenen Augen, dass ich mich nur wenig bemühte, aber viel Ruhe gefunden habe. Hört auf meine knapp bemessene Lehre! Durch sie werdet ihr viel Silber und Gold erwerben. Eure Seele freue sich an meinem Lehrstuhl, meines Liedes sollt ihr euch nicht schämen.“ (Jesus Sirach 51, 23 - 28 EÜ)



4. Fromme Lasten der Christen

Und wie ist es bei uns Christen, wenn wir schon länger im Prozess der Nachfolge stehen? Sicher, auch wir laufen hin und wieder Gefahr es machen zu wollen, wie das Volk Israel in der Wüste: die Schnauze voll vom Manna zu haben und zurück zu wollen zu den Fleischtöpfen Ägyptens. In einer Art Verklärung der Vergangenheit.

Aber die größte Gefahr liegt eher darin, dass wir hergehen und auf das leichte Joch Jesu noch viele zusätzliche Lasten drauf legen. Auch bei den frommen Juden waren es nicht immer die anderen, die ihnen die Lasten aufgelegt haben, nein, mit vielen Gewichten haben sie sich selbst belastet. Und was ich meine ist, dass wir die Freiheit des Evangeliums mit zahlreichen frommen Lasten verschütten:



  • den Zehnten zu geben
  • keinen Alkohol zu trinken
  • mehrere Stunden am Tag zu beten (Ich war mal auf einem Seminar, da hat der Prediger, der seinen Aussagen zufolge schon mehrere Tote auferweckt hat, gesagt, dass geht nur mit 8 Stunden Gebet täglich. Mir war dann klar, wer wohl nicht dazu berufen ist, Tote aufzuerwecken.)
  • mehrmals täglich in der Bibel zu lesen
  • auf keinen Fall einen Gottesdienst zu versäumen
  • bestimmte Kleidung zu tragen oder nicht zu tragen
  • immer zu lächeln
  • ….

Wie schnell wird aus der Freiheit etwas zu tun oder zu lassen, ein Zwang, eine Pflicht, ein Gesetz, eine Last.
Aus der Freiheit Geld zu geben, wird ein Zwang („einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“ 2. Kor. 9,7 Luther).
Aus der Freiheit in den Gottesdienst zu gehen, wird ein Zwang.
Aus dem Geschenk der Gemeinschaft mit Gott und den Geschwistern, wird ein Zwang.
Aus dem Geschenk des Gebets und der Bibel, wird ein Zwang.
Zwang, Zwang, Zwang.
„Wem der Teufel nicht bremsen kann, den treibt er!“, heißt es.

Versteht mich nicht falsch. Es ist alles richtig. Es ist richtig zu spenden, zu beten, die Bibel zu studieren, in den Gottesdienst zu gehen usw. Aber nicht aus Zwang, aus Leistung, als Gesetz. Denn dann wird es genau wieder zu der Last, die uns Jesus doch abnehmen möchte, sondern aus Freiheit.

„Für die Freiheit hat Christus uns frei gemacht. Steht nun fest und lasst euch nicht wieder durch ein Joch der Sklaverei belasten!“ (Gal. 5,1 Rev. Elb.)


AMEN.

Freitag, 4. März 2016

Termine und Aktuelles März 2016

06.03.    kein Gottesdienst

13.03.    10.30 Uhr Arche Gottesdienst (Predigt Norbert Wohlrab)


20.03.    10.30 Uhr Hausgottesdienste


27.03.    10.30 Uhr LKG Gottesdienst (Ostern) (Predigt Georg Schubert, JmeM)




LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19 
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50

Samstag, 27. Februar 2016

Predigt von Hans Heidelberger (21.02.16)


Am Ende wird die Liebe in Vielen erkalten

"Und weil die Ungerechtigkeit überhandnehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten." (Mt 24,16)

Einleitung 

Wie komme ich auf dieses Thema? Schon seit Monaten bewegt mich dieses Thema. Im Zusammenhang mit der Flüchtlingssituation und der Reaktion vieler Christen wurde mir diese Bibelstelle wichtig:

"Und weil die Ungerechtigkeit überhandnehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten." (Mt 24,16)

Aber ich hab mich dann auch auf mich bezogen gefragt: Wie sieht es mit meiner eigenen Liebesfähigkeit im Moment aus? Es geht in dieses Bibelstelle ja um Menschen, die Gott kennen.

Großwetterlage: Klimawandel – auch in unserem Land: In dieser Welt erwärmt sich zwar das Klima – das emotionale Klima kühlt aber ab. Ich will jetzt nicht all die Kriege, Nöte und dieser Welt aufzählen. Ein Zeichen: Immer mehr Menschen werden gleichgültig oder noch schlimmer: Kaltherzig! Klima der Kälte macht sich immer mehr in unserer Gesellschaft breit.

In diese Situation hinein lese ich eine weitere Bibelstelle, die sich mit der „letzten Zeit“ beschäftigt: Ein Wort von Paulus:

"Lasset allen Menschen eure Freundlichkeit spüren, der Herr ist nahe." (Phil. 4,5)

Mit anderen Worten: Die Nähe des Herrn wird durch unsere Freundlichkeit erfahrbar, spürbar! Viele Chris-ten gehen auf Distanz. Es geht nicht um eine oberflächliche christliche Nettigkeit. Es geht um die Erfahrbarkeit göttlicher Liebe durch Dich und mich in dieser Welt! Es geht um unsere Liebesfähigkeit, es geht um unsere KERNKOMPETENZ! Die dürfen wir nicht verlieren!

Mit anderen Worten: Es geht um unsere „Herzensfreundlichkeit“! Nicht um oberflächliches christliches „Nett-zueinander-sein“! Neues Wort: HERZENSFREUNDLICHKEIT – die Zuwendung meines Herzens um jemand Freund zu werden! Das ist das Gegenteil von Gleichgültigkeit (Stefans Tattoo: „Indifferenz“). Gleichgültigkeit ist die emotionale Reaktion eines kalten Herzens!

Keine Endzeitpredigt 

Ich will heute keine Endzeitpredigt halten im Sinne von „die Welt geht bald unter und Jesus kommt bald wieder“. Vielleicht schon eher: Vielleicht ist meine oder deine Zeit auf dieser Welt schon bald zu ende. Vielmehr will ich „am Ende“ im Licht von „nach langer Zeit, einer langen Zeitperiode“ verstehen. Liebe, die einmal brennend war steht immer in der Gefahr abzunehmen und zu erkalten!! Am Ende meines Lebens ……, Liebe zu Jesus (erste Liebe), zum Partner, zu Gemeinde, für Menschen allge-mein, für Notleidende usw. Anders ausgedrückt: Man kühlt ab (trotz Erderwärmung). Und das ist alles andere als „COOL“.

Zusammenhang zwischen dem Erleben von Ungerechtigkeit und dem Erkalten der Liebe: Kettenreaktion 

Ungerechtigkeit → Enttäuschung → Rückzug → Abkühlen meiner Liebe → kaltes/steinernes Herz
Ein Prozess der sich schleichend und oft von uns selbst kaum wahrgenommen vollzieht.

Ungerechtigkeit 

Wir erleben fortlaufend Ungerechtigkeit: Politik, Wirtschaft, Beruf, Beziehungen – dies wird sich nicht ändern.

Enttäuschung bringt Abkühlung der Herzen 

Enttäuschung. Ich suche den Schuldigen für meine Enttäuschung und finde ihn in ….
  • Gott --- Wunschtraum nicht erfüllt, den ideale Partner nicht bekommen, Schicksalsschlag, Verheißung nicht erfüllt, Krankheit, warum ist mir das passiert? Nicht beschützt, Lebenskrise, Gemeindekrise, Gott zeigt sich nicht, es läuft bei mir anders als ich es in Predigten gehört habe, z.B. Erweckung.
  • mir selbst --- ich kann mir einen Fehler nicht verzeihen, schaffe nicht, was ich mir fest vorgenommen habe, er-reiche mein Ziel nicht. Wir Christen sind Weltmeister darin, überhöhte Standards zu setzen, an denen wir immer wieder scheitern müssen. Enttäuschung ist vorprogrammiert.
  • anderen --- Erfahrung von Ungerechtigkeit, Verletzungen, Ablehnung, traumatische Erfahrungen usw. 

Abgekühlte Herzen bringen Hartherzigkeit hervor 
  • Steinernes Herz: Rückzug, Einsamkeit, Kälte, abweisend, ablehnend, Angst, Ablehnung, Verbitterung, negativ, nörgelnd, unzufrieden, egoistisch, 
  • Fleischernes Herz: Barmherzigkeit, Offenheit, Freiheit, Courage, Interesse, Zuwendung …..
Durch Abschottung meines Herzens gefriert die Liebe. Und hier steht der Zusammenhang mit Mt 14,12: Und weil die Ungerechtigkeit überhandnehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten.

Die Folge: Mein Leben bleibt auf der Strecke! 

Ein „abgekühltes Herz“, der Rückgang meiner Liebesfähigkeit hat gravierende Folgen für mein Leben:
  • Meine Lebensfreude bleibt auf der Strecke: --- Das hat alles auch viel mit Lebensfreude zu tun! Dort wo die Liebe erkaltet, gefriert, dort gefriert auch das Leben! (Narnia – ewiger Winter). Auch meine Lebenskraft nimmt ab.
  • Mein Engagement bleibt auf der Strecke: --- Ich erlebe bei der überhandnehmenden Ungerechtigkeit mein eigenes Tun als zunehmend Sinn- und Nutzlos. Was ändert es schon auf dieser Welt? Viele Christen wollen sich nicht mehr mit dieser Welt auseinandersetzen. Zumindest nicht mehr so sehr. Gefühl der Ohnmacht.
  • Beziehungen bleiben auf der Strecke: --- Durch meine Enttäuschung ziehe ich mich immer mehr zurück von Gott, meinem Partner, der Ge-meinde, anderen Menschen – und werde immer einsamer! Rückzug. Man zieht sich oft in seine Traumwelt zurück. Sucht seine Heile Welt (Soaps, Traumreise, sucht den Traumpartner, die Traumwohnung, man will die Traumhochzeit, bestaunt die Traumautos, usw. oder versteckt sich im Hobbykeller, Computerzimmer, dorthin wo ich alleine bin.

Veränderungskraft

Die größte Kraft der Veränderung ist, wenn auf Ungerechtigkeit mit Liebe und nicht mit Enttäuschung, Resignation und Rückzug oder Gleichgültigkeit reagiert wird!!! Liebet Eure Feinde! 

Mich begeistert Jesus: Seine Liebesfähigkeit – bis zum Ende! Ja bei ihm hat man den Eindruck, seine Liebesfähigkeit hat sich eher gesteigert bis zu seinem Ende. Trotz „Ungerechtigkeit“ die er erfahren hat. Er zieht sich nicht enttäuscht von seinen Jüngern, Eltern zurück. Seine Offenheit, wie er Menschen begegnet, seinen Mut, wie er auftritt, furchtlos, seine innere Weite und Weisheit (hat miteinander zu tun): Er lebt liebe; wo liebe nicht gelebt wird gibt es keine Liebe.

Die Wiederbelebung meiner Liebesfähigkeit 

Mancher muss wiederbelebt werden. „Mund zu Mund Beatmung Gottes“. Seinen Geist, Atem in uns.
Erfüllung mit dem Geist Gottes – Neuerfüllung unseres Herzens mit der Liebe Gottes durch den Heiligen Geist! Durch den Heiligen Geist ist SEINE Liebe in unser Herz ausgegossen!

"Ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben." (Hes 36,26)

"Ich will das steinerne Herz wegnehmen aus ihrem Leibe und ihnen ein fleischernes Herz geben, damit sie in meinen Geboten wandeln und meine Ordnungen halten und danach tun." (Hes 11, 19-20)

Umgang mit meinen Enttäuschungen 

Meine Enttäuschungen ernstnehmen – es sind ja meist enttäuschte Erwartungen 
  •  Gestehe dir ein, wo du enttäuscht bist. Schreib es dir auf. Sieh dir an ob du zurecht enttäuscht bist oder zu Unrecht (Jona); falsche ungerechtfertigte Erwartungen 
  • Sprich mit jemand darüber und bleib nicht damit alleine 
  • Bringe bewusst Gott die Steine deines Herzens: Enttäuschungen. 
  • Ich will mir vergeben und mich nicht immer wieder verdammen. Gottes Vergebung wirklich annehmen. 
  • Ich will einen anderen Menschen jetzt wirklich vergeben, wo er/sie mich verletzt haben. 
  • Ich will mich an die guten Erfahrungen erinnern und Kontakt suchen. „Vergiss´ nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Mit Jesus, mit Menschen. Denke nach, erinnere dich, denke zurück.
Entwickeln einer Willkommens-Kultur in meinem Leben 

Willkommenskultur ist ein Wort, dass uns heute oft begegnet: Ich will heute noch etwas über eine „persönliche Willkommenskultur“ sprechen, wie ich persönlich lernen kann durch und mit Jesus eine Kultur der HERZENSFREUNDLICHKEIT (Liebe, Offenheit, Annahme, Freiheit und Courage) zu entfalten anstatt einer Kultur der Abgrenzung, Engstirnigkeit, Ablehnung und Angst! Willkommenskultur bedeutet: Ich will das Du kommst! 

Grundlage dafür ist Gottes Willkommenskultur: Er will dass ich komme! Geliebt werde, immer wieder neu! So wie ich bin; 100%! Grundlage für meine Liebesfähigkeit. Hier erlebe ich Annahme, Geborgen-heit. Gottes Liebe zu mir ist nicht erkaltet! ICH BIN WILLOMMEN! Und die gute Nachricht: Gottes WILLKOMMEN hat keine OBERGRENZE! (Auch wenn die Zeugen Jehovas diese einmal einführen wollten mit den 144000). Daher kann ich mich willkommen heißen: Annehmen, offen sein für meine Bedürfnisse, und daher kann ich auch Andere in meinem Leben willkommen heißen: Auf Andere Zugehen, mein Herz ihnen gegenüber öffnen, ihnen in meinem Leben Raum geben. Mich für sie inte-ressieren. Mit anderen Worten: Sie LIEBEN! Herzensfreundlichkeit! Ich öffne mein Herz um anderen Freund zu sein.

Schluss 

So kommt meine Lebensfreude zurück, so bleibe ich nicht in meinem Rückzug, in meiner Enttäuschung sitzen. Gottes Willkommenskultur holt mich heraus (Verlorener Sohn).

Er deckt mir einen Tisch (Psalm 23). Er dient mir. So darf ich andere Menschen annehmen. Sie willkommen heißen. Ihnen einen Tisch decken, ihnen dienen.

Wer sind die Anderen? Mein Partner, meine Kinder, Nachbarn, Kollegen, Glaubensgeschwister. JA vielleicht auch Flüchtlinge. Herzensfreundlichkeit statt oberflächlicher Nettigkeit: Lass deinem Herzen Freunde finden – dadurch findet dein Herz auch wieder Freude! 


Anhang:

PERSÖNLICHER ENTTÄUSCHUNGSFRAGEBOGEN
Welche meiner Erwartungen wurden enttäuscht?


  • Wo bin ich enttäuscht von Gott? 
  • Wo bin ich enttäuscht von mir selbst? 
  • Wo bin ich enttäuscht von meinem Partner 
  • Wo bin ich enttäuscht von anderen Menschen 
  • Wo bin ich enttäuscht von Institutionen, Politik, Gemeinde usw. 
  • Wo bin ich enttäuscht von ………..?