Samstag, 2. Dezember 2017

Termine und Aktuelles Dezember 2017

03.12. 10.30 Uhr Hausgottesdienste 

10.12. 10.30 Uhr EvG Gottesdienst mit anschl. Mittagessen

17.12. kein Gottesdienst 

24.12. Heiligabend 15.00 Uhr St. Paul Gottesdienst (Predigt Norbert Wohlrab)

31.12. kein Gottesdienst


EvG = Evangelische Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50
St. Paul = Gemeindehaus, Dr.-Martin-Luther-Platz 1

Mittwoch, 1. November 2017

Termine und Aktuelles November 2017

02. - 05.11. Gemeindefreizeit in Selb-Silberbach (mit Hans Heidelberger und Norbert Wohlrab)

12.11. 10.30 Uhr LKG Gottesdienst mit anschl. Mittagessen (Predigt Lennart Forsman)

19.11. 10.30 Uhr Arche Gottesdienst (Predigt Horst Gillmann, Vaterhaus Nürnberg)

26.11. kein Gottesdienst



LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50
St. Paul = Gemeindehaus, Dr.-Martin-Luther-Platz 1

Sonntag, 29. Oktober 2017

Predigt von Norbert Wohlrab (29.10.17)

Das Gleichnis von den zwei Söhnen (Mt. 21, 28 - 32)


1. Einleitung


Ich habe vor einiger Zeit bereits einmal über eines von den Weinberg-Gleichnissen gepredigt. Dies möchte ich heute wieder tun. Es gibt da ja davon einige in der Bibel. Zunächst einmal der Text:

„Was meint ihr aber hierzu? Ein Mensch hatte zwei Söhne, und er trat hin zu dem ersten und sprach: Mein Sohn, geh heute hin, arbeite im Weinberg! Der aber antwortete und sprach: Ich will nicht. Danach aber gereute es ihn, und er ging hin. Und er trat hin zu dem zweiten und sprach ebenso. Der aber antwortete und sprach: Ich gehe, Herr; und er ging nicht.
Wer von den beiden hat den Willen des Vaters getan? Sie sagen: Der erste. Jesus spricht zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch, dass die Zöllner und die Huren euch vorangehen in das Reich Gottes. Denn Johannes kam zu euch im Weg der Gerechtigkeit, und ihr glaubtet ihm nicht; die Zöllner aber und die Huren glaubten ihm; euch aber, als ihr es saht, gereute es auch danach nicht, so dass ihr ihm geglaubt hättet.“ (Rev. Elb.)

 
Das ist jetzt eine Situation, die wir alle gut kennen. Wir haben ja aller Kinder und erleben es öfters wie unterschiedlich unsere Kinder sind. Oft liegen Welten dazwischen. Gleiches Elternhaus, gleiche Erziehung, gleiche Sozialisation, gleiche christliche Prägung, aber ganz andere Charaktere.
Und auch diese hier beschriebene Situation kommt uns ganz vertraut vor: Wir geben einen Auftrag wie bspw. Zimmer aufräumen, Kleidung wegräumen, Getränke aus dem Keller holen o.ä. und es wird nicht gemacht oder unendlich weit hinausgeschoben oder aber nach anfänglichem Gemaule dann doch erledigt. Also eine uns durchaus vertraute Situation.  Und sie scheint wohl auch den Zuhörern damals vertraut gewesen zu sein, sonst hätte Jesus sie wohl nicht als Gleichnis verwendet.

Man meint ja immer ungezogenes, rüpelhaftes Verhalten ist ein Phänomen der Moderne (nachzulesen in der Ausgabe der NN vom Freitag 26.10.17), aber bereits Sokrates (469 - 399 v. Chr.) hat folgendes über die Jugend gesagt:

„Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“

Wobei nach meiner Wahrnehmung die heutigen Jugendlichen auf mich relativ höflich wirken.

Es gibt eine nette Geschichte von Tolstoi, in der es auch um Eltern (hier: Mütter) und ihre Söhne geht:

Drei Frauen wollten Wasser holen am Brunnen. Nicht weit davon saß ein alter Mann und hörte zu, wie die Frauen ihre Söhne lobten.
„Mein Sohn“, sagte die erste, „ist so geschickt, dass er alle hinter sich lässt...“
„Mein Sohn“, sagte die zweite, „singt so schön wie die Nachtigall! Es gibt keinen, der eine so schöne Stimme hat wie er ...“
„Und warum lobst du deinen Sohn nicht?“ fragten sie die dritte, als sie schwieg. „Er hat nichts, was ich loben könnte“, entgegnete sie. „Mein Sohn ist nur ein gewöhnlicher Knabe, er hat nichts Besonderes an sich und in sich ...“
Die Frauen füllten ihre Eimer und gingen heim. Der alte Mann ging langsam hinter ihnen her. Die Eimer waren schwer und die abgearbeiteten Hände schwach. Deshalb machten die Frauen eine Ruhepause, denn der Rücken tat ihnen weh.
Da kamen ihnen drei Jungen entgegen. Der erste stellte sich auf die Hände und schlug Rad um Rad. Die Frauen riefen: „Welch ein geschickter Junge!“
Der zweite sang so herrlich wie die Nachtigall, und die Frauen lauschten andachtsvoll und mit Tränen in den Augen. Der dritte Junge lief zu seiner Mutter, hob die Eimer auf und trug sie heim. Da fragten die Frauen den alten Mann: „Was sagst du zu unseren Söhnen?“
„Wo sind eure Söhne?“ fragte der alte Mann verwundert, „ich sehe nur einen einzigen Sohn!“


Soweit erst mal die Geschichte von Tolstoi.


2. Die Bedeutung damals

Aber jetzt zurück zum Gleichnis. Bevor wir uns anschauen, was es für uns heute bedeuten kann, müssen wir uns erst einmal anschauen, was Jesus damit in der konkreten Situation sagen wollte.

Was war die Situation? Am Tag zuvor ist Jesus auf einem Esel in Jerusalem eingezogen und wurde von der Menge bejubelt Unser Palmsonntag geht darauf zurück.
Die Menge hat ihn gepriesen, als von Gott gesandten Propheten, als Sohn Davids. Jesus ging dann in den Tempel und hat dort erst mal für Ordnung gesorgt, in dem er die Händler aus dem Tempelvorhof vertrieben hat. Hier konnten von den Händlern zertifizierte Opfertiere erworben werden, die nur mit einer bestimmten Währung bezahlt werden konnte.
Da anlässlich des bevorstehenden Passahfestes viele Juden aus der Diaspora in Jerusalem waren, gab es viele verschiedene Währungen, die bei den Wechslern eingetauscht werden mussten. Beide, Händler und Wechsler, haben natürlich gewinnorientiert gearbeitet. Das war aber nicht im Sinne Gottes.

Das ist ungefähr so, wie wenn ich zu einer Geburtstagsparty einlade - zu der man mir üblicherweise ein Geschenk mitbringt - und dann kommen zwei völlig Unbekannte, setzen sich an den Gartenzaun und verkaufen Eintrittskarten für meine Feier und geben mir nicht mal etwas davon ab. So haben die Händler und Wechsler den Zugang zu Gott erschwert.

Nach der Tempelreinigung heilte Jesus noch Blinde und Lahme im Tempel und übernachtete dann bei Freunden in Bethanien.
Am nächsten Morgen kommt er wieder und fängt an zu lehren. Daraufhin fragen ihn dann die religiösen Führer, in welcher Autorität er dies tut. Gemeint ist jetzt vermutlich nicht nur das Lehren, sondern auch die Aktionen des Vortages: die Tempelreinigung und das Heilen. Jesus antwortet mit einer Gegenfrage:


„Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Auch ich will euch ein Wort fragen, und wenn ihr es mir sagt, so werde auch ich euch sagen, in welcher Vollmacht ich diese Dinge tue. Woher war die Taufe des Johannes? Vom Himmel oder von Menschen?
Sie aber überlegten bei sich selbst und sprachen: Wenn wir sagen: vom Himmel, so wird er zu uns sagen: Warum habt ihr ihm denn nicht geglaubt? Wenn wir aber sagen: von Menschen, so haben wir die Volksmenge zu fürchten, denn alle halten Johannes für einen Propheten.
Und sie antworteten Jesus und sprachen: Wir wissen es nicht. Da sagte auch er zu ihnen: So sage auch ich euch nicht, in welcher Vollmacht ich diese Dinge tue.“
(V. 24 - 27)

 

Dieser Hinweis auf Johannes ist wichtig für das Gesamtverständnis. Johannes war von Gott gesandt. Sein Auftrag war es den Weg für Jesus vorzubereiten. Seine Botschaft lautete:

„Tut Buße! Denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen…..und sie wurden von ihm im Jordanfluss getauft, indem sie ihre Sünden bekannten. Als er aber viele der Pharisäer und Sadduzäer zu seiner Taufe kommen sah, sprach er zu ihnen: Otternbrut! Wer hat euch gewiesen, dem kommenden Zorn zu entfliehen? Bringt nun der Buße würdige Frucht; und meint nicht, bei euch selbst zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater! Denn ich sage euch, dass Gott dem Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken vermag.“(Mt. 3, 2.6-9 Rev. Elb.) 


Tut Buße! Besinnt Euch! Kehrt um! Das war die Botschaft des Johannes. Und mit denselben Worten begann übrigens auch Jesus später sein Wirken (Mt. 4,17)

Viele Menschen hörten auf Johannes. Hätten die Schriftgelehrten seine Autorität jetzt anerkannt, hätten sie erklären müssen, warum sie dann seinen Aufruf nicht gefolgt sind. Johannes hat sie zur Buße aufgefordert. Seine Botschaft war: alle sind Sünder und müssen umkehren. Sie haben sich aber als gerecht gesehen und waren der Meinung sie bräuchten keine Buße, weil sie Kinder Abrahams sind.
So haben sie jetzt eben lieber gar nicht geantwortet.

Jetzt kommt der Punkt, an der Jesus das Gleichnis erzählt. Weil es jetzt schon so lange her ist und soviel Texte dazwischen waren, lesen wir es nochmal. Mal nach einer geringfügig moderneren Übersetzung:

„Jesus sprach weiter: „Mal ’ne andere Geschichte, bin gespannt, was ihr dazu sagt: Da war mal so ein Typ, der zwei Söhne hatte. Zum ersten sagte er: ‚Geh mal bitte in unsere Werkstatt und reparier das Auto, das dort steht!‘ ‚Ich hab aber keine Lust!‘, sagte der. Aber später tat es ihm leid, und er ging doch hin und reparierte die Kiste. Dann ging der Mann zu dem zweiten Sohn und wollte dasselbe von ihm. ‚Klar, mach ich‘, sagte er. Aber dann hatte er doch keinen Bock und ging einfach nicht hin. Preisfrage: Wer von den beiden hat das getan, was der Vater wollte?“ – „Der erste natürlich!“ Jetzt erklärte Jesus, was er mit der Geschichte sagen wollte: „Auf eins könnt ihr wetten: Dealer und Huren werden eher an diesem Ort landen, wo Gott das Sagen hat, als ihr. Johannes, der die Leute getauft hat, hatte voll den Plan: Er sagte, ihr müsst euer Leben ändern, sonst fahrt ihr gegen die Wand. Aber ihr wolltet nichts von ihm wissen. Die Dealer und die Nutten aber haben getan, was er gesagt hat. Und obwohl ihr das sehr wohl mitbekommen habt, vertraut ihr mir nicht und ändert euch nicht.“  (Volx-Bibel)

 
In dem Gleichnis ist Gott der Vater. Die Söhne repräsentieren zwei verschiedene Gruppen in Israel wieder.

Die erste Gruppe sind die Sünder: die Zöllner und Prostituierten. Die, die sich entschieden haben, fernab von der Gerechtigkeit und den Geboten Gottes zu leben. Ihr ganzer Lebenswandel war ein einziges, klares und offensichtliches Nein zu Gott.
Aber dann trat Johannes auf und manche dieser verachteten Sünder hörten seine Botschaft, bereuten ihre Schuld und kehrten um. Aus ihrem Nein wurde ein Ja.

Die zweite Gruppe ist die fromme Elite. Es sind die Hohenpriester und die Ältesten, die Schriftgelehrten und die Pharisäer. Diejenigen, die sich für fromm halten und dies öffentlich zur Schau stellen, die stolz darauf sind Kinder Abrahams zu sein, das Gesetz zu kennen und danach zu leben, die sich selbst rechtfertigten, die aber weder ihre Sündhaftigkeit, noch ihre Erlösungsbedürftigkeit erkennen wollten. Die weder Johannes noch Jesus als von Gott gesandt anerkennen wollten.
Die also äußerlich Ja sagen zu Gott, aber faktisch Nein sagen.

„Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr!, wird in das Reich der Himmel hineinkommen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist.“ (Mt. 7,21 Rev. Elb.)

Gleiches wird übrigens auch im Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner ausgedrückt (Lk. 18, 9-14). Dort erkennt der Zöllner seine Erlösungsbedürftigkeit, der Pharisäer dagegen vertraut auf sich selbst und verachtet gleichzeitig die anderen. Danke, dass ich nicht wie dieser Zöllner bin, betet er. (V. 11)

 „Ich sage euch: Dieser (der Zöllner) ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, im Gegensatz zu jenem; denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden; wer aber sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ (Lk. 18,14 Rev. Elb.)

Allein das Jesus sie, die angesehensten Personen der Gesellschaft, hier in einem Atemzug mit den verachtetsten und sündhaftesten Menschen der Gesellschaft nennt, ist schon eine gewaltige Provokation. Ein Pharisäer würde mit solchen Menschen nie etwas zu tun haben (vgl. die Salbung durch die Sünderin).

Jesus drückt also hier aus: es bedarf keiner religiösen Qualifikation oder Sozialisation um gerettet zu werden, nur dem Erkennen der eigenen Sünde und dem Bereuen, d.h. dem Umkehren zu Gott, so wie es in unserem Gleichnis dem zweiten Sohn reute und er dann doch in den Weinberg ging.


3. Die Bedeutung heute

Was bedeutet dieses Gleichnis für uns heute?

Bereits einige Jahrzehnte nach Jesus Himmelfahrt, wurde es auf die Situation der Juden und Christen bezogen. Die Juden haben ihn abgelehnt (sind nicht in den Weinberg gegangen), die Christen haben ihn angenommen (sind in den Weinberg gegangen).

Auch wenn dies historisch betrachtet so zutrifft, ist es doch etwas eine Vergewaltigung des Textes. Im Gleichnis sind ja alle Juden. Und es geht hier ja um ein persönliches Umkehren und nicht um kollektives Verhalten.
Wichtig ist: Gottes Angebot gilt allen. Damals galt es den Zöllnern und den Prostituierten genauso wie den Schriftgelehrten und den Pharisäern. Jeder konnte umkehren.


Gott „will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ (1. Tim. 2,4 Rev. Elb.)

Auch heute gibt es bei ihm keinerlei Numerus Clausus.

Wenn wir Jesus einmal angenommen haben, dann haben wir diesen Schritt bereits in der Vergangenheit getan. Dann haben wir Buße getan. Dann haben wir unsere Erlösungsbedürftigkeit erkannt und unsere Rettung angenommen, haben Jesus Christus angenommen.
Bei mir ist das jetzt über 34 Jahre her. Es war ein radikaler Wechsel von einer Drogenherrschaft zu einer Jesusherrschaft.

Aber dann? Könnte es nicht sein, dass uns manchmal die Puste ausgeht im Weinberg? Oder sehen wir manchmal den Weinstock vor lauter Trauben nicht mehr?

Unser Ja zu Jesus ist ja kein jahrzehntelang durchgehender Ton in einem Atemzug, ohne dazwischen zum Atmen Luft zu holen.

Es bedarf neue, wiederholte Ja´s. Ein Leben das mit einem Ja begonnen hat, aber sich immer wieder mit vielen kleinen Ja´s ausdrückt.

Ein Lebensstil in der Nachfolge, im Hören auf Gott, ein Leben gestaltet nach der Ethik und den Werten des Reiches Gottes. Ein Lebensstil der Heiligung.

Heiligung: das war früher in unserer Jugend die zentrale Botschaft. Damals leider mit dem erhobenen Zeigefinger und in einer sehr gesetzlichen und destruktiven Art und Weise, die oft vieles kaputt gemacht hat und irgendwie - so hatte man den Eindruck - alles verboten hat, was irgendwie Spaß gemacht hat.

Der Text soll uns davor bewahren eine ähnliche Denke zu entwickeln, wie die Pharisäer, die sich darauf berufen haben Kinder Abrahams zu sein.

Gewiss, wir haben Ja gesagt, sind Kind unseres Vaters geworden und sind damit gerettet. Amen?!.

Wir sind einerseits Kinder Gottes. Das ist absolut wahr! Aber nicht um uns darauf etwas einzubilden (so wie die Pharisäer sich etwas darauf eingebildet haben Kinder Abrahams zu sein) und nicht um uns darauf auszuruhen.
Auch wenn bereits alles getan ist - durch Jesus  Christus -, heißt es nicht, dass unsererseits nichts mehr getan werden darf.

Denn wir wollen ja unser Leben nach seinem Willen gestalten., aber in der Praxis des Alltags, leben wir dann doch wieder, das eine oder andere Nein, wenn es darum geht, unser Leben an seinen Maßstäben auszurichten und wir sind dann manchmal eher dem zweiten Sohn ähnlich, der ein Ja vortäuscht und dann doch einen Rückzieher macht..

Aber: auch nach Jahrzehnten der Nachfolge, basiert unsere Rechtfertigung immer noch und weiterhin und in Ewigkeit einzig auf dem Erlösungswerk am Kreuz durch Jesus Christus.

Und andererseits (und das klingt jetzt fast wie ein Widerspruch, aber das Leben als Christ findet nun einfach in verschiedenen Spannungszuständen statt), andererseits sollen wir auch nie aufhören das Kind-Gottes-Sein zu genießen.

Es gibt ja noch das andere, das bekanntere Gleichnis von den zwei anderen Brüdern. Vom verlorenen Sohn und dem älteren Bruder (Lk. 15, 11-32). Der ältere Bruder hat in diesem Gleichnis immer beim Vater gelebt und geschuftet, hat aber nie das was sein war auch in Anspruch genommen, hat nie gefeiert und es sich gut gehen lassen.

„Er aber sprach zu ihm: Kind, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, ist dein. (Lk. 15,31 Rev. Elb)“

Wir dürfen das! Wir dürfen einfach auch mal Sohn oder Tochter sein vor Gott. Einfach da sein. In-ihm-ruhen. Seine Gegenwart genießen. Seine Liebe empfangen. Auftanken.

Vor lauter Dienst, vor lauter Alltagsanforderungen und Alltagsstress kommt dies schnell mal zu kurz. Gott freut sich auf Euch, auf Dich, auf mich. Alles hat seine Zeit!

Wir dürfen im Bewusstsein seiner Gnade leben und dienen, arbeiten und ruhen, nehmen und geben.


AMEN.

Sonntag, 22. Oktober 2017

Predigt von Norbert Wohlrab (22.10.2017)

Jakob


1. Vorbestimmung und Geburt

Für den heutigen Sonntag ist mir ein alttestamentliches Thema oder besser gesagt: eine Person des Alten Testaments wichtig geworden und zwar Jakob. Das hat mich schon überrascht, denn ich predige eigentlich sehr selten und eher ungern über Themen aus dem Alten Testament.
Und daher glaub ich schon, dass Gott mir das für heute auf´s Herz gelegt hat. Wichtig bei alttestamentlichen Themen ist mir jedoch immer, dass wir einen Bezug zu unserem Leben als Christen herstellen können, eine Relevanz zu unserem Leben heute.

Über Jakob steht ja recht viel im Alten Testament. Rund ein viertel des ersten Buchs Mose behandelt das Leben von Jakob. Das ist natürlich eher was für eine Predigtreihe. Daher möchte ich mich auf zwei Ereignisse im Leben Jakobs beschränken. Und zwar auf den Kauf des Erstgeburtsrechts und dem Erlangen des Erstgeborenensegens.

Bevor wir dazu kommen möchte ich eine Stelle vor der Geburt Jakobs lesen.

Rebekka ist schwanger mit Zwillingen. Gott hat sie nach rund 20 Jahren Ehe fruchtbar gemacht, aber jetzt hat sie Probleme in der Schwangerschaft und fürchtet um ihr Leben. Die Jungs in ihrem Bauch scheinen wohl bereits vor der Geburt kräftig miteinander geboxt zu haben. Sie fragt nun Gott wozu es ihr denn so schlecht ergehen muss, wo er doch ihr Gebet erhört hat.

„Isaak aber bat den HERRN für seine Frau, denn sie war unfruchtbar. Und der HERR ließ sich erbitten, und Rebekka, seine Frau, ward schwanger. Und die Kinder stießen sich miteinander in ihrem Leib. Da sprach sie: Wenn es so ist, warum geschieht mir das? Und sie ging hin, den HERRN zu befragen.“ (1. Mo 25, 21.22 Luther 2017) 


Und Gott antwortet ihr auch. Die Antwort wurde in die Form hebräischer Dichtkunst gekleidet. Diese Poesie basiert nicht auf Reimen, sondern auf Parallelen. Derselbe Sachverhalt wird jeweils in zwei verschiedenen Formulierungen ausgedrückt. Dies finden wir auch sehr häufig in den Psalmen.

„Und der HERR sprach zu ihr: Zwei Völker sind in deinem Leibe, und zweierlei Volk wird sich scheiden aus deinem Schoß (erste Parallele); und ein Volk wird dem andern überlegen sein, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen (zweite Parallele).“ (V. 23)

Also bereits vor der Geburt Jakobs wird von Gott dargelegt, dass der Zweitgeborene über den Erstgeborenen herrschen wird. Das also Jakob und nicht Esau in der Segenslinie Abrahams bis hin zu Jesus Christus stehen wird. Jakob ist von Anfang an der von Gott Auserwählte!

Es folgt die Geburt mir dem uns bekannten Geschehen, das zur Namensgebung Jakobs führt.

„Als nun die Zeit kam, dass sie gebären sollte, siehe, da waren Zwillinge in ihrem Leibe. Der erste, der herauskam, war rötlich, ganz behaart wie ein Fell, und sie nannten ihn Esau. Danach kam heraus sein Bruder, der hielt mit seiner Hand die Ferse des Esau, und sie nannten ihn Jakob. Sechzig Jahre alt war Isaak, als sie geboren wurden.“ (V. 24 - 26)

Esau wird zuerst geboren, rötlich und ganz behaart (er leidet vermutlich an einer Form von Hypertrichose = übermäßige Körperbehaarung) und bekommt daher den Namen  „haarig“. Und Jakob umklammert die Ferse seines Bruders und wird „Fersenhalter“ genannt. Kann aber auch mit „Verdränger“ übersetzt werden.

Durch dieses Geburtsgeschehen wird bereits deutlich, was später einmal geschehen wird: der Zweitgeborene wird den Erstgeborenen verdrängen. Der Zweite wird zielgerichtet nach vorne streben und es ist wohl gleichzeitig auch eine bildliche Bestätigung der Verheißung die Rebekka bekommen hat.


2. Jugend

Und dann wachsen die Knaben heran. Und für den nächsten Vers musste ich lange suchen, bis ich mal eine passende Übersetzung gefunden habe. Die übliche Übersetzung bspw. auch in der neuen Luther lautet:

„Und als nun die Knaben groß wurden, wurde Esau ein Jäger und streifte auf dem Felde umher, Jakob aber war ein ruhiger Mann und blieb bei den Zelten.“ (V. 27)

Wir kennen ja alle so Übersetzungen wo Jakob als gesittet (Elberfelder), ruhig (HfA) und sittsam (Schlachter) oder still (Menge) beschrieben wird. Als einer, der bei den Zelten oder sogar lieber (wertend!) bei den Zelten (womöglich in der Nähe der Mutter) aufgewachsen ist.

Besser übersetzt aber die Einheitsübersetzung:

„Die Knaben wuchsen heran. Esau wurde ein Mann, der sich auf die Jagd verstand, ein Mann des freien Feldes. Jakob war ein Mann ohne Fehl und blieb bei den Zelten.“ (EÜ 2016) 


Das Wort, dass hier im Hebräischen steht „tam“ bedeutet nämlich „vollkommen“, „vollständig“, „aufrichtig“, „ganz“, „tadellos“ oder „ohne Fehl.“

Jakob wurde in der Kirchengeschichte immer schlecht bewertet und das hat wohl auch die meisten Bibelübersetzungen beeinflusst.
Aber hier steht, dass er ein aufrichtiger, ein vollkommener Mann war.  Er war nicht vollkommen im Sinne von sündlos, aber sein Herz war Gott gegenüber richtig eingestellt.

Und er war auch kein Muttersöhnchen, dass am Rockzipfel Rebekkas geklebt ist, sondern „blieb bei den Zelten“ bedeutet, dass er sich für ein Leben innerhalb des Familienclans entschieden hat. Es bedeutet, dass er sich um die familiären Geschäfte gekümmert hat und in der Tradition der Familie das Hirtenhandwerk erlernt hat.
Wohingegen Esau ein Jäger wurde und eine herumstreunende Lebensweise gepflegt hat (eine Art Outlaw) und sich eben nicht um Familienangelegenheiten und Familientradition und auch nicht um die Vorgaben Gottes gekümmert hat, wie wir später noch sehen werden. Der also weder seiner Familie noch Gott gegenüber loyal war.

Daher finden wir Aussagen Gottes in der Bibel wie:

„Und ich habe Jakob geliebt; Esau aber habe ich gehasst“ (Mal. 1, 2b.3a Rev. Elb.)


3. Der Verkauf des Erstgeburtsrechts

Nun kommt die uns bekannte Situation mit dem Linsengericht.

„Einst kochte Jakob ein Gericht. Da kam Esau vom Feld, und er war erschöpft. Und Esau sagte zu Jakob: Lass mich doch schnell essen von dem Roten, dem Roten da, denn ich bin erschöpft! Darum gab man ihm den Namen Edom. Da sagte Jakob: Verkaufe mir heute dein Erstgeburtsrecht! Esau sagte: Siehe, ich gehe ja doch dem Sterben entgegen. Was soll mir da das Erstgeburtsrecht? Jakob aber sagte: Schwöre mir heute! Da schwor er ihm und verkaufte sein Erstgeburtsrecht an Jakob. Und Jakob gab Esau Brot und ein Gericht Linsen; und er aß und trank und stand auf und ging davon. So verachtete Esau das Erstgeburtsrecht.“ (V. 29 - 34 Rev. Elb.)

Wie ist die Situation? Esau kommt nach Hause, er war vielleicht den ganzen Tag auf der Jagd, ist viel gelaufen und ist jetzt so richtig kaputt. Er will jetzt eigentlich nur noch essen und ausruhen. Da steigt ihn der Duft vom Linsengericht seines Bruders in die Nase. Anscheinend konnte Jakob auch ganz gut kochen. (Das ist jetzt übrigens der erste Bezug zu unserem Leben. Es ist von Vorteil, wenn man gut kochen kann.) Und Esau möchte jetzt von diesem „roten Roten“ herunterschlingen.

Das ist jetzt eine Situation die kennen wir alle, zumindest wir Männer. Wenn wir hungrig sind, wenn wir wirklich hungrig sind, z.B. nach einer langen Wanderung oder manchmal auch einfach nach der Arbeit, dann schaltet das Gehirn auf Notstrom und alles wird auf Essen fokussiert.

Ich hatte neulich so eine Situation in der Mittagspause. Ich hatte richtig Hunger. Es gibt so Tage, an denen hat man auch schon mittags richtig Hunger. Ich ging aus dem Büro raus Richtung Plärrer und war einzig auf Essen „jagen“ fokussiert. Unterwegs hab ich eine Kollegin überholt, ich hab dann mein Tempo netterweise etwas gedrosselt , sie hat dann angefangen mir von einer persönlichen Problematik zu erzählen und als wir dann nach ein paar Metern in meinem „Jagdgebiet“ angekommen sind, habe ich mich schnell verabschiedet um mein Essen zu „erlegen“. Hinterher - gesättigt - hab ich mir dann gedacht: „War ich jetzt vielleicht irgendwie unhöflich, weil ich sie so stehen lassen habe?!“ Am nächsten Tag hab ich mich dann mal entschuldigt und sie fand es zum Glück nur witzig, dass ich so auf die Essensaufnahme fokussiert war.

Also, Esau ist müde und hungrig. Und Jakob? Jakob ist auch fokussiert. Aber nicht auf das Jetzt, sondern auf die Zukunft. Er will das Erstgeburtsrecht. Er will seinen Platz haben in der Segensreihe des Abraham, in der Ahnenreihe des Messias und er will Verantwortung für die Sippe übernehmen, er will auch den Erstgeburtssegen.

Es ist anzunehmen, dass Jakob nicht von selbst darauf kam, sondern dass ihn seine Mutter Rebekka von der Verheißung ihn betreffend erzählt hat. Und so will er den ihn verheißenen Platz auch einnehmen.

Ich glaube nicht, dass es Jakob um das Finanzielle ging. Sicher der Erstgeborene bekommt den doppelten Anteil (5. Mose 21, 15 - 17) wie seine Geschwister. Aber da er der einzige war, würde er auch als Zweitgeborener ein Drittel erhalten, womit er immer noch sehr reich gewesen wäre.

Jakob will das Erstgeburtsrecht und Esau ist es sowas von egal. Soll er es doch haben. Esau denkt sich: „Irgendwann muss ich eh sterben, was hab ich dann davon. Nach mir die Sintflut.“ (Die war jetzt ja eigentlich vorher, aber egal.) Esau ist nicht jetzt dem Sterben nahe, so erschöpft ist er auch nicht, sondern es ist ihm einfach nicht wichtig. Und so verkauft er es an Jakob.

Darf er das? Nach den Nuzi-Tafeln (Erbschaftsregelungen in der Antike in Nuzi) war dies durchaus möglich. Man konnte auch enterbt werden oder sein Erstgeburtsrecht verlieren. Esau gibt es freiwillig ab für eine Schüssel Linsen. (Was ich jetzt nicht ganz verstehe, weil so gut kann man gar nicht kochen, dass Linsen wirklich gut schmecken.)

Esau wurde nicht erpresst von Jakob. Er hätte mit wenigen Schritten ins nächste Zelt gehen können um mit der Autorität des Sohnes etwas zu essen zu verlangen. Aber er wollte jetzt, sofort das Linsengericht und alles andere war ihm egal.

„und seht darauf…dass nicht jemand sei ein Hurer oder Gottloser wie Esau, der um der einen Speise willen sein Erstgeburtsrecht verkaufte.“ (Hebr. 12, 15.16 Luther 2017)

So lautet das Urteil über Esau.

Was ist jetzt passiert? Durch diesen Verkauf ist nun Jakob rechtlich der Erstgeborene und hat Anspruch auch auf den geistlichen Segen, den Erstgeborenensegen des Vaters.

Was können wir aus dieser Situation lernen (außer das es wichtig ist gut kochen zu können)? Wir können daraus lernen, dass wir so zielgerichtet sein sollen wie Jakob und nicht so konsumorientiert wie Esau.

„Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.“ (Mt. 6,33 Luther 2017)

„Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“ (Röm 14,17 Luther 2017)


Das sind so die beiden dazu passenden Gegensatzpaare im NT. Zuerst auf das Reich Gottes ausgerichtet sein, auf das Reich Gottes, auf Jesus fokussiert sein, nach Gottes Gerechtigkeit leben und streben und nicht zuerst nach der Befriedigung unserer materiellen und immateriellen Wünsche streben.

Aber sind wir nicht alle etwas Esau? Haben wir nicht alle etwas von ihm? Möchten wir nicht alle, dass unsere Bedürfnisse und Wünsche befriedigt werden und wir gut im Hier und Jetzt leben?

Und es ist uns auch nicht verboten. Wir dürfen in Dankbarkeit auch ein gutes Leben leben. (1. Petr. 3,10). Aber wir sollen dabei „haben als hätten wir nicht“ (1. Kor. 7, 29 - 31). So lautet die Devise. In innerer Freiheit zuerst auf das Reich Gottes, zuerst auf Jesus fokussiert sein. In dieser Balance sein Leben zu leben ist eine der größten Herausforderungen unseres Lebens in der Nachfolge.

Wir lesen im Hauskreis gerade den Philipperbrief und da gibt es im zweiten Kapitel diesen unangenehmen Vers (manchmal mag ich Paulus gar nicht), in dem es heißt:

„bewirkt euer Heil mit Furcht und Zittern!“ (Phil. 2,12c Rev. Elb.)

Sowas geht ja eigentlich gar nicht. Also das passt weder mit dem Evangelium, noch mit anderen Aussagen des Paulus zusammen. Und wahrscheinlich gibt es noch irgendwelche Zusammenhänge, die ich noch nicht verstehe, aber es drückt etwas aus von der Ernsthaftigkeit und der Hingabe in der Nachfolge.

So eine Ernsthaftigkeit hat Jakob an den Tag gelegt, als es darum ging, den ihn verheißenen Platz im Plan Gottes, als Stammvater Isarels einzunehmen.


4. Das Erschleichen des Erstgeborenensegens

Also, Jakob ist jetzt rechtlich der Erstgeborene. Jetzt fehlt ihm nur noch der dazugehörende Segen.

Esau hat inzwischen geheiratet.

„Als Esau vierzig Jahre alt war, nahm er Judit, die Tochter des Hetiters Beeri, und Basemat, die Tochter des Hetiters Elon, zu Frauen.  Sie wurden für Isaak und Rebekka Anlass zu bitterem Gram.“  (1. Mose 26, 34.35 EÜ)

Durch diese Eheschließung mit ausländischen Frauen verachtete Esau erneut den Abrahamitischen Bund und zeigt wie wenig ihn seine Abstammung bedeutete. Nicht dass die hetitischen Frauen irgendwie schlechter gewesen wären, aber der Segen lag nicht auf den Bewohnern Kanaans, sondern auf den Nachkommen Abrahams.

(1. Mose 27) Nun passiert es: Isaak weiß, dass er bald sterben wird und will seinen Segen an Esau weiter geben. Rebekka kriegt es mit und ersinnt sich einen Plan um ihn auszutricksen. Wir kennen die Geschichte: Ziege statt Wild, Ziegenfell statt Körperbehaarung und Jakob gibt sich als Esau aus um den Segen zu bekommen und es gelingt ihm auch.

Wo war der Fehler? Reden die nicht miteinander? Auf Jakob liegt die Verheißung, Jakob hat Esau das Erstgeburtsrecht abgekauft, er müsste jetzt von Isaak den Segen bekommen. War Isaak zu starrköpfig?
Aus irgendwelchen Gründen (Ich glaube es war vor allem ein Grund, der heißt Wildbret.) liebte Isaak Esau noch immer mehr und wollte daher auch ihm den Segen geben (1. Mose 25,28).

Es geht jetzt eigentlich nicht darum, dass Jakob sich den Segen ergaunern muss, sondern dass er eine List anwenden muss, um den ihm rechtmäßig zustehenden Segen, den ihn Isaak vorenthalten wollte, zu bekommen.

Aber selbst dies wollte er zunächst eigentlich nicht. Er ziert sich und möchte den Vater eigentlich nicht täuschen. Aber seine Mutter redet ihm gut zu und sagt, dass sie die Konsequenzen tragen wird. Und so lässt Jakob sich darauf ein. Und letztlich belügt er den Vater, als er sich für Esau ausgibt und er belügt ihn bzgl. der Quelle des Fleisches.

Rebekka und Jakob haben anstatt auf Gott zu vertrauen das Schicksal in die eigenen Hände genommen. Das scheint ja auch eine gewisse Traditionen im Stamme Abraham zu haben. Die Folge war ein familiäres Zerwürfnis.

Aber der abrahamitische Segen ging jetzt auf Jakob über und er wurde nominell zum Haupt der Sippe:

„Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde und Korn und Wein die Fülle. Völker sollen dir dienen, und Stämme sollen dir zu Füßen fallen. Sei ein Herr über deine Brüder, und deiner Mutter Söhne sollen dir zu Füßen fallen. Verflucht sei, wer dir flucht; gesegnet sei, wer dich segnet!“ (1. Mose 27, 28.29 Luther 2017)

Interessant ist, was wir über diese Segnung durch Isaak  später im NT lesen:

„Durch den Glauben segnete Isaak den Jakob und den Esau auf die zukünftigen Dinge hin.“ (Hebr. 11,20 Luther 2017)

Auf den ersten Blick wirkt es etwas beschönigend. Aber das ist jetzt keine romantische Verklärung der Vergangenheit, sondern es bedeutet, dass Isaak im Glauben auf das Zukünftige den Segen ausgesprochen hat. Unabhängig davon, dass er eigentlich den anderen Sohn segnen wollte, hat er geglaubt, dass sein Segen geistliche Kraft hat und Dinge in die Wirklichkeit holen wird.

Auch wir sind manchmal wie Isaak und etwas starrköpfig und wollen nicht von einer liebgewordenen Sache oder Vision oder was auch immer lassen und wollen unseren Kopf durchsetzen. Aber auch hier können wir darauf vertrauen, dass Gott Dinge verändert und falsche Wege gebraucht oder ungerade Wege gerade macht.

Wichtig ist dass wir in aller Ernsthaftigkeit danach suchen das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit vor unsere Wünsche zu stellen. Diese Zielstrebigkeit können wir von Jakob lernen.

AMEN.

Sonntag, 1. Oktober 2017

Termine und Aktuelles Oktober 2017

01.10. kein Gottesdienst (wegen Taufgottesdienst am Vortag)

08.10. kein Gottesdienst (Erntedankfestzug)

15.10. 10.30 Uhr Hausgottesdienste

22.10. 10.00 Uhr St. Paul gemeinsamer Gottesdienst mit der JG St. Paul mit anschl. Essen (Predigt Norbert Wohlrab, Thema: "Jakob")

29.10. 10.30 Uhr Arche Gottesdienst (Predigt Norbert Wohlrab; Thema: "Das Gleichnis von den zwei Söhnen")







LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50
St. Paul = Gemeindehaus, Dr.-Martin-Luther-Platz 1

Dienstag, 1. August 2017

Termine und Aktuelles August/September 2017

--- Sommerpause bis einschl. 10.09. ---
 
17.09. 10.30 Uhr Hausgottesdienst 

24.09. 10.30 Uhr LKG Gottesdienst mit anschl. Essen (Predigt Bob Hatton, Forum Leben)

30.09. 14.00 Uhr Taufgottesdienst (Predigt Norbert Wohlrab)



Änderungen noch möglich! 

LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19

Samstag, 1. Juli 2017

Termine und Aktuelles Juli 2017

02.07. kein Gottesdienst 

09.07. 10.30 Uhr Fürther Freiheit Reformations-Gottesdienst aller evangelischen Gemeinden (Predigt Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm)

16.07. 10.30 Uhr Arche Gottesdienst (Predigt Birgit Oechsle)

23.07. 10.30 Uhr Christusgemeinde Zirndorf Taufgottesdienst von Katja Mendl (Privatadresse in Oberasbach)

30.07. kein Gottesdienst 

--- Sommerpause bis einschl. 10.09. ---


Änderungen noch möglich! 
 

LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50
St. Paul = Gemeindehaus, Dr.-Martin-Luther-Platz 1

Donnerstag, 1. Juni 2017

Termine und Aktuelles Juni 2017

04.06. Pfingsten Gemeindewanderung 

11.06. 10.30 Uhr Hausgottesdienste

18.06. kein Gottesdienst 

25.06. 10.30 Uhr Hausgottesdienste





LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50
St. Paul = Gemeindehaus, Dr.-Martin-Luther-Platz 1

Dienstag, 23. Mai 2017

Predigt von Norbert Wohlrab (19.05.17)

Das Gleichnis vom vierfältigen Acker


1. Einleitung

Zu Beginn meiner Predigt möchte ich einen Vers lesen, der mir im Lauf der Woche für den heutigen Sonntag wichtig geworden ist:

„Der Sohn Gottes, Jesus Christus…war nicht Ja und Nein, sondern in ihm ist das Ja Wirklichkeit geworden. Denn was immer Gott verheissen hat - in ihm ist das Ja und so auch durch ihn das Amen, damit Gott verherrlicht werde durch uns.“ (2. Kor. 1, 19.20 Zürcher)
In und durch Jesus Christus ist das Ja Gottes zu uns Wirklichkeit geworden. Unsere Erlösung, unsere Rettung, unser Heil. Alles ist auf seinem unabänderlichen Ja gegründet. Gott hat Jesus nicht ans Kreuz geschickt und sagt dann, „Schaun mer mal, ob sie es wert sind“. Er sagt nicht vielleicht, sondern er sagt Ja zu uns!

Aber das ist heute gar nicht mein Predigtthema. Ich möchte heute vielmehr über ein Gleichnis sprechen, dass wir alle mit Sicherheit schon sehr oft gehört haben. Aber ich denke, dass es hin und wieder durchaus sinnvoll ist, sich damit mal wieder neu auseinander-zusetzen. Das Gleichnis vom vierfachen Acker (nach Matthäus).

„1 Später an jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich ans Ufer des Sees, ´um zu lehren`.
2 Die Menschenmenge, die sich um ihn versammelte, war so groß, dass er sich in ein Boot setzte; so konnte er zu der ganzen Menge reden, die am Ufer stand.
3 Er sprach über vieles zu ihnen, und er gebrauchte dazu Gleichnisse.»Hört zu!«, begann er. »Ein Bauer ging aufs Feld, um zu säen.
4 Beim Ausstreuen der Saat fiel einiges auf den Weg. Da kamen die Vögel und pickten es auf.
5 Einiges fiel auf felsigen Boden, der nur von einer dünnen Erdschicht bedeckt war. Weil die Saat dort so wenig Erde hatte, ging sie rasch auf.
6 Als dann aber die Sonne höher stieg, wurden die jungen Pflanzen versengt, und weil sie keine kräftigen Wurzeln hatten, verdorrten sie.
7 Einiges fiel ins Dornengestrüpp, und die Dornbüsche überwucherten und erstickten die Saat.
8 Einiges jedoch fiel auf guten Boden und brachte Frucht – zum Teil hundertfach, zum Teil sechzigfach, zum Teil dreißigfach.
9 Wer Ohren hat, der höre!«
10 Die Jünger kamen zu Jesus und fragten ihn: »Warum verwendest du Gleichnisse, wenn du zu den Leuten redest?«
11 Er antwortete: »Euch ist es ´von Gott` gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu verstehen; ihnen ist es nicht gegeben.
12 Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat.
13 Das ist der Grund, warum ich in Gleichnissen zu ihnen rede. Sie sehen und sehen doch nicht, sie hören und hören doch nicht und verstehen auch nichts.
14 An ihnen erfüllt sich die Prophezeiung Jesajas:›Hört zu – ihr werdet doch nichts verstehen. Seht hin – ihr werdet doch nichts erkennen.
15 Denn das Herz dieses Volkes ist verstockt, ihre Ohren sind verstopft, und ihre Augen halten sie geschlossen. Sie wollen mit ihren Augen nichts sehen, mit ihren Ohren nichts hören und mit ihrem Herz nichts verstehen und wollen nicht umkehren, sodass ich sie heilen könnte.‹
16 Ihr aber seid glücklich zu preisen! Denn eure Augen sehen, und eure Ohren hören.
17 Ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte sehnten sich danach, zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen; sie sehnten sich danach, zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.«
18 »Ich will euch nun das Gleichnis vom Bauern erklären, der die Saat ausstreut.
19 Wenn jemand die Botschaft vom Himmelreich hört und nicht versteht, ist es wie mit der Saat, die auf den Weg fällt. Der Böse kommt und raubt, was ins Herz dieses Menschen gesät worden ist.
20 Ein anderer Teil der Saat fällt auf felsigen Boden. Das bedeutet: Jemand hört das Wort und nimmt es sofort mit Freuden auf,
21 aber er ist ein unbeständiger Mensch, eine Pflanze ohne Wurzeln. Sobald er wegen des Wortes in Bedrängnis gerät oder sogar verfolgt wird, wendet er sich wieder davon ab.
22 Wieder ein anderer Teil der Saat fällt ins Dornengestrüpp. Das bedeutet: Jemand hört das Wort, doch die Sorgen dieser Welt und die Verlockungen des Reichtums ersticken es, und es bleibt ohne Frucht.
23 Ein Teil der Saat jedoch fällt auf guten Boden. Das bedeutet: Jemand hört das Wort und versteht es und bringt dann auch Frucht – einer hundertfach, ein anderer sechzigfach und wieder ein anderer dreißigfach.«“ (Mt. 13, 3-23 NGÜ)


Wir haben diesen Text wohl schon viele Male gehört oder gelesen. Wahrscheinlich zum ersten Mal bereits im Kindergottesdienst. Und eigentlich ist er ja auch klar, Jesus legt ihn ja sogar selbst aus: die einen sind offen für das Evangelium, die anderen nicht; die einen vollziehen eine vollständige Lebensübergabe und bringen Frucht, die anderen nur eine oberflächliche und fallen früher oder später wieder vom Glauben ab.

Da wir heute hier sitzen, sind wir noch dabei und gehören zu den Guten. Also brauchen wir uns damit eigentlich gar nicht mehr auseinandersetzen. Der Text gilt nur für andere. Punkt, aus, fertig, Schluss. Eigentlich könnte ich mich gleich wieder setzen und wir können schon etwas früher mit dem Grillen anfangen.

Es ist doch angenehm, wenn es Texte in der Bibel gibt, wo man guten Gewissens sagen kann, die habe ich schon abgehandelt, über diese Stufe auf meiner geistlichen Entwicklungsleiter bin ich schon drüber hinweg.

Aber könnte es nicht sein, dass der Text trotzdem - zumindest theoretisch - noch ein paar Aussagen enthält, die uns was zu sagen haben?

Vergegenwärtigen wir uns zunächst noch einmal die Ausgangssituation:
Jesus spricht hier zu einer großen Volksmenge. Er war mittlerweile ein Star geworden und die Leute wollten ihn sehen und hören. Weil es zu viele waren, ist er ins Boot  gestiegen um besser zu der Menge sprechen zu können. Möglicherweise hat er genau diese Menschenmenge vor Augen, als er zu ihnen quasi über sie selbst spricht.
Jesus gebraucht ein Bild des damaligen Ackerbaus. Ein Bild dass jeder kennt. Es war damals üblich zunächst den Samen auszuwerfen und danach erst den Boden umzugraben. Heute macht das in umgekehrter Reihenfolge. Dadurch fiel automatisch ein Teil des Samens auf hart gepressten Boden, wo beispielsweise ein Trampelpfad entstanden ist, manches auf Steine und manches unter das Unkraut, die Dornen, die nicht entfernt worden sind. Dieser Vorgang war allen bekannt, die geistliche Bedeutung verstanden sie jedoch nicht.

Wenn man dieses Gleichnis hört, kann man verschiedene Positionen einnehmen. Nehmen wir zunächst mal die Position des Ackerbodens ein. Was könnte uns dieser Text heute noch sagen? Was könnte er uns raten oder wovor könnte er uns warnen?


2. Unser Herz

Ich denke, dieser Text sagt uns als Ackerboden: Achte auf deine Beschaffenheit! Achte auf dein Herz!

Der Ackerboden in diesem Gleichnis ist ja unser Herz, sagt Jesus (V. 19) und da merkt man, dass Gleichnisse nicht bis ins letzte Detail übertragbar sind. Gleichnisse haben eine Hauptaussage, die Nebenstränge können nicht davon losgelöst übertragen werden, denn in der Natur kann ein Acker nichts dafür, ob er gut oder schlecht, weich oder hart, ertragreich oder steinig ist.
Aber wir, wir können schon etwas dafür, wie unser Herz ist. Wir können etwas dafür ob unser Herz „aufrichtig und bereitwillig“ (Lk. 8,15 NGÜ) ist, wie es im Paralltext bei Lukas heißt ist.
Aufrichtig und bereitwillig. Wem gegenüber? Der Botschaft vom Himmelreich Gottes!

Wenn die Bibel vom Herzens des Menschen spricht, meint sie ja damit nicht das Körperorgan, sondern das Herz als Sitz des geistigen und seelischen Leben des Menschen. Das Herz als das Zentrum des Denkens, Wollens und Fühlens und des Erkennens.

Erkannt wird mit dem Herzen, es ist ein ganzheitliches Erkennen, kein rein vernunftgemäßes logisches Nachvollziehen von Wahrheiten.

Ich kann mich noch erinnern, dass ich eines nachts, kurz nach meiner Bekehrung in den Sternenhimmel geschaut habe und mir bei diesem Anblick sofort die Gegenwart und die Liebe Gottes bewusst war. Ohne dieses Erkennen im Herzen, wären es nur Sterne und Sternhaufen und Galaxien gewesen, „die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat“.

„Denn mit dem Herzen wird geglaubt zur Gerechtigkeit“ (Röm. 10,10a Rev. Elb.)

Aber das Herz wird auch dargestellt als Quelle des Begehrens und zwar sowohl im Negativen, wie auch im Positiven. Es heißt ja zum einen:

„Habe deine Lust am Herrn, so wird er dir geben, was dein Herz begehrt.“ (Ps. 37,4 Rev. Elb.)

und zum anderen

„das Sinnen des menschlichen Herzens ist böse von seiner Jugend an.“ (1. Mo. 8,21 Rev. Elb.)

Das menschliche Herz ist ein Schlachtfeld. Hier tobt ein Kampf zwischen guten und schlechten Wünschen, zwischen der Liebe und dem Streben nach Gott auf der einen und Egoismus und Selbstsucht auf der anderen Seite. Daher werden wir ermahnt:

„Mehr als alles, was man sonst bewahrt, behüte dein Herz! Denn in ihm entspringt die Quelle des Lebens.“ (Spr. 4,23 Rev. Elb)

Aber, wir haben bei diesem Kampf einen entscheidenden Vorteil. Es steht nicht 1:1. Denn es gibt noch jmd. in unserem Herzen:

„der uns auch versiegelt hat und das Unterpfand des Geistes in unsere Herzen gegeben hat.“ (2. Kor. 1,22)

Der Heilige Geist und damit Gott selbst, wohnt in unserem Herzen. Und so können wir diesen Kampf positiv gestalten. Er kreiert ein neues Herz in uns, das nach Gottes Willen leben möchte. Und das sind gute Voraussetzungen um den Ackerboden unseres Herzens zu bearbeiten.

Wie sieht es jetzt aber in diesem Gleichnis mit den unterschiedlichen Böden/Herzen aus?


3. Die ersten beiden Ackerböden

Lasst uns zunächst einmal einen Blick auf die ersten beiden Herzens-Typen werfen:

1. Die Desinteressierten oder Hartherzigen

Hier fällt die Saat auf den Wegrand. Sie wird zertreten oder von den Vögeln aufgefressen. Jesus erklärt, dass das Gehörte vom Teufel wieder geraubt wird. Es sind Menschen, die das Evangelium zwar hören, aber kein Interesse daran haben, ihm keine Relevanz beimessen.
Ich denke, solche Menschen kennen wir alle und diejenigen unter uns, die nicht von Kindesbeinen an durchgehend geglaubt haben, waren auch mal solche Menschen.

Ich kann mich noch sehr gut an die ersten Bekehrungsversuche erinnern, als man mich so mit 15/16 in eine Jugendevangelisation schleppte und ich dem Ganzen überhaupt nichts abgewinnen konnte. Nicht, dass ich bewusst atheistisch gewesen wäre oder den christlichen Glauben kategorisch abgelehnt hätte, es hat mich nur einfach überhaupt nicht interessiert. Ich konnte keine Relevanz zu meinem Leben herstellen. Sünde. Erlösung. Das war doch alles völlig übertrieben. Ich hatte keinen guten Boden. Der Boden war noch nicht reif.

2. Die Oberflächlichen oder Wetterwenderischen

Die Saat fällt auf felsigen Boden, sie geht zwar schnell auf, aber sie vertrocknet mangels Feuchtigkeit, sie bildet keine Wurzeln aus. Es sind Menschen, die sich in Zeiten der Anfechtung wieder vom Glauben abwenden. Der Glaube wird nicht mit der nötigen Nahrung versorgt.
Das Wort Gottes, das Gebet, die Gemeinschaft wird nicht in der nötigen Art und Weise gepflegt, so dass dem Glaube der Saft abgedreht wird. Und so ist der Mensch den Schwierigkeiten schutzlos ausgeliefert und kann nichts dagegen setzen.
Es sind Menschen, deren Quelle eher der „Rat der Gottlosen“ ist und die nicht an den „Wasserbächen“ des Wortes Gottes gepflanzt sind, wie es im Psalm 1 beschrieben wird.
Es ist wichtig wo meine Quellen sind. Gerade für junge Christen, denen es noch an Stabilität und Fundament mangelt, ist es wichtig, dass der Glaube genährt wird.

Ich habe Menschen erlebt, die sehr schnell begeistert waren. Während ich ein paar Jahre bearbeitet werden musste, ging bei denen alles ruck zuck: Evangelium gehört, sich be-kehrt, begeistert, nach kurzer Zeit getauft und als sie dann gemerkt haben, dass die Nachfolge mit manchen Konsequenzen verbunden ist, das man bspw. nicht alle paar Tage in einem anderen Bett aufwachen sollte (ich rede jetzt nicht von Hotelbetten), haben sie sich schnell wieder dafür entschieden ihren alten Lebensstil zu pflegen, in dem Gott keine Rolle mehr gespielt hat.

Bevor wir uns den nächsten beiden Menschentypen bzw. Ackerböden zuwenden, schauen wir uns an von welcher Art eigentlich die Saat ist.


4. Die Saat vom Reich Gottes

Jesus beschriebt hier die Saat als das Wort Gottes, als die Botschaft vom Himmelreich, vom Reich Gottes. Aus unserer Perspektive bedeutet das in erster Linie das Evangelium, die gute Nachricht von der Errettung durch den Glauben an Jesus Christus. Und so sagt Jesus ja auch:

„Bei einigen, die es hören, ist es wie mit der Saat, die auf den Weg fällt. Der Teufel kommt und nimmt das Wort wieder aus ihrem Herzen weg, sodass sie nicht glauben und daher auch nicht gerettet werden.“ (Lk. 8,12 NGÜ)

Nicht glauben und daher auch nicht gerettet werden. Und so interpretieren wir das ganze Gleichnis ausschließlich hinsichtlich Bekehrung und Errettung. Das ist ja auch das alles Entscheidende.
Wenn wir uns aber auch andere Reich Gottes-Gleichnisse anschauen (z.B. vom Sauerteig oder vom Senfkorn, Lk. 13, 18-21), dann entdecken wir dort neben der vertikalen Dimension in die Gottes-Beziehung hinein, auch noch eine horizontale Dimension der Frucht, eine ausgestaltende, eine lebensdurchdringende Dimension.

Und so sagt Jesus bspw. zu den Jüngern: „Euch ist es von Gott gegeben, die Geheim-nisse des Reiches Gottes zu wissen“ (Lk. 8,10a Rev.Elb.).

Die Geheimnisse des Reiches Gottes:
Ein Reich, dessen König Jesus Christus, der verheißene Messias ist.
Ein  Reich, das unsichtbar und übernatürlich ist, das nicht von dieser Welt ist .
Ein Reich, das innerlich und zwischenmenschlich, aber trotzdem gegenwärtig ist.
Ein Reich das gleichzeitig im Werden, in der Gegenwart, wie auch in der Zukunft ist.
Ein Reich, das sich in Kraft zeigt, in Heilung und Befreiung und im kindlichen Glauben empfangen wird.
Ein Reich, dessen Zugang man sich nicht erarbeiten kann, dessen Zugehörigkeit man sich nicht verdienen kann.
Ein Reich, dass eine eigene Ethik, einen eigenen Lebensstil, eine eigene Gerechtigkeit, hat, nach der zu allererst gestrebt werden soll (Mt. 6,33).

Jesus verdeutlicht immer wieder, das im Reich Gottes andere Maßstäbe gelten:
So streiten sich die Jünger bspw. darum wer der Größte unter ihnen ist. Jesus hält dagegen wer der Größte sein will, der soll der Sklave oder der Diener der anderen sein (Mt. 20, 26.27) und gibt selbst durch sein Leben das passende Beispiel.
Es geht im Reich Gottes nicht um Ehre und Anerkennung, es geht um Dienen und Demut. Eine völlig neue Ethik.

Oder Jesus verdeutlicht, dass es nicht darum gehen soll Reichtum anzustreben, sondern vielmehr Schätze im Himmel zu sammeln, bspw. durch einen Lebensstil des Gebens und der Großzügigkeit.

Oder Jesus verdeutlicht, dass es nicht auf die eigene Stärke ankommt. Im Geistlichen und im Irdischen. Man braucht sich nicht durch religiöse Übungen und Erfolge bei Gott etwas verdienen. Und auch in den natürlichen Belangen darf man all seine Bedürfnisse Gott anvertrauen und seine Hilfe erbitten. Ein Leben im Glauben und Vertrauen. Auch das ist eine neue Verhaltensethik.

Dies alles ist ein Teil der Saat, die Jesus aussät.

Und es wird uns dabei deutlich, dass es um ein sehr ganzheitliches und umfassendes Christsein geht.
Ich glaube ein Leben nach der Gerechtigkeit des Reiches Gottes enthält noch viel mehr radikale Freisetzungsqualität, als wir schon erkannt haben.


5. Die letzten beiden Ackerböden

Und jetzt schließe ich meinen Kreis und komme zu den letzten beiden Ackerböden.

3. Die Geteilten und Halbherzigen

Die Dornen verdrängen die Saat. Die Dornen sind die Sorgen des Lebens, Verlockungen des Reichtums und Freuden dieser Welt (Lk. 8,14).

Die Saat kann lange Zeit wachsen, es ist ein langandauernder Kampf, sie konkurriert mit den Dornen, aber sie kann sich nicht entfalten und das Wachstum von Frucht wird verhindert. Sie wird minimiert und erstickt irgendwann. Letztlich wird das Leben in der Gerech-tigkeit und in der Kraft und in der Qualität des Reiches Gottes nicht freigesetzt.
In anderen Bildern ist davon die Rede, dass der Feind dieses Unkraut sät. Er ist es der uns daran hindern will, dass sich göttliche Lebensqualität freisetzt.

Dies ist die Stelle, die uns zuruft: Achtet auf Euer Herz!
Denn kennen wir das nicht alle? Wer hat denn keine Sorgen? Oder wer bringt sie immer voller Vertrauen zu Gott? Oder wer möchte nicht finanziell ausgesorgt haben?

Wir alle laufen Gefahr uns zu verstricken in Sorgen, Materiellem oder uns irgendwelchen Dingen des Lebens in einem Umfang hinzugeben, der alles geistliche Leben erstickt.

Es muss mich ja gar nicht ganz ersticken - ich gehe mal jetzt über das Gleichnis hinaus -, aber es kann die Frucht minimieren.

Zum Schluss noch :

4. Die Fruchtbaren

Die das Wort hören und umsetzen, die es festhalten, es bewahren, sich nicht entmutigen lassen, ausharren. Das sind die Eigenschaften des fruchtbringenden Herzens. Da ist der richtige Boden. Er ist an den Wasserbächen gepflanzt. Hier kann die Pflanze ihre Wurzeln ausstrecken und Frucht bringen. 30fach, 60fach, 100fach. Leben wird verändert, Charakter werden geformt, Herzen werden heil, neues Leben entsteht, Menschen finden zu Jesus.

Wollen wir nicht alle so sein?
Aber: wir sind es auch! Wir bringen Frucht, wenn wir in Jesus bleiben. So hat er es angelegt. Wir brauchen sie nicht aus uns herauszuquetschen. Wir müssen nicht Luft anhalten und pressen.

„Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun.“ (Joh. 15,5 Rev. Elb).

Aber wir erleben es auch, dass wir uns immer wieder mal von ihm weg orientieren und wir es dann nötig haben, dass unser Herz neu „aufgeweicht“, neu „ausgerichtet werden muss, neu „aufgemischt“ sozusagen. Dass unsere Lebensausrichtung neu zentriert werden muss, unser Vertrauen neu gestärkt werden muss. Dann dürfen wir Jesus bitten, dass er unser Herz wieder neu verändert und belebt.

In dieser Spannung, zwischen den beiden aber findet unsere Nachfolge statt.


6. Der Sämann

Ich habe eingangs gesagt, man kann bei diesem Gleichnis verschiedene Positionen einnehmen. Man kann beispielsweise auch die Position des Sämanns einnehmen. Denn nicht nur Jesus hat ausgesät, auch später die Jünger und Apostel haben gesät. Und auch unser aller Auftrag ist es ja die gute Nachricht zu säen.

Der Säman im Gleichnis weiß, dass ein großer Teil seiner Saat daneben geht. Das ist für ihn völlig normal. Er sät aber trotzdem, weil er weiß, dass trotzdem sehr viel Frucht entsteht. 30fach, 60fach oder 100fach. Er lässt sich nicht entmutigen. Es ist gar kein Grund zur Entmutigung vorhanden.

Ich weiß nicht mehr, wieviele vergebliche Versuche man unternommen hat um mich zu bekehren. Aber man hat nicht aufgegeben und erfreulicherweise auch jahrelang für mich gebetet und so hat es dann irgendwann doch noch geklappt. Auch Gebet ist eine lebens-verändernde Frucht. Manchmal muss der Weg oder das Herz erst frei gebetet werden.

Manchmal lassen wir uns zu früh entmutigen. Das Gleichnis vom Sämann soll uns auch Mut machen in unseren Bemühungen um andere Menschen nicht nachzulassen und darauf zu vertrauen, dass der Same seine Frucht bringen wird.


AMEN.

Montag, 1. Mai 2017

Termine und Aktuelles Mai 2017

07.05. 10.30 Uhr Arche Gottesdienst (Predigt Harald Schmidt, Gideons)

14.05. kein Gottesdienst

21.05. 10.00 Uhr LKG gemeinsamer Gottesdienst mit der LKG (Predigt Norbert Wohlrab)

28.05. 10.00 Uhr St. Paul gemeinsamer Gottesdienst mit der JG St. Paul (Predigt Pfr. Michael Wolf)





LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft, Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche, Theaterstraße 50
St. Paul = Gemeindehaus, Dr.-Martin-Luther-Platz 1

Sonntag, 23. April 2017

Predigt von Norbert Wohlrab (23.04.2017)

Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg
 

Ich möchte heute mit Euch ein Gleichnis Jesu anschauen, und zwar das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg. Jesus erzählte Gleichnisse, die einen Alltagsbezug hatten, die zur Lebenswelt der Menschen gehörten, um den Jüngern geistliche Zusammenhänge verständlich zu machen. Manche von diesen Gleichnissen haben auch heute noch eine erstaunliche Aktualität. Ich lese das Gleichnis in der neuen Luther-Übersetzung:

„1 Denn das Himmelreich gleicht einem Hausherrn, der früh am Morgen ausging, um Arbeiter anzuwerben für seinen Weinberg.
2 Und als er mit den Arbeitern einig wurde über einen Silbergroschen als Tagelohn, sandte er sie in seinen Weinberg.
3 Und er ging aus um die dritte Stunde und sah andere auf dem Markt müßig stehen
4 und sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg; ich will euch geben, was recht ist.
5 Und sie gingen hin. Abermals ging er aus um die sechste und um die neunte Stunde und tat dasselbe.
6 Um die elfte Stunde aber ging er aus und fand andere stehen und sprach zu ihnen: Was steht ihr den ganzen Tag müßig da?
7 Sie sprachen zu ihm: Es hat uns niemand angeworben. Er sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg.
8 Als es nun Abend wurde, sprach der Herr des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und gib ihnen den Lohn und fang an bei den letzten bis zu den ersten.
9 Da kamen, die um die elfte Stunde angeworben waren, und jeder empfing seinen Silbergroschen.
10 Als aber die Ersten kamen, meinten sie, sie würden mehr empfangen; und sie empfingen auch ein jeder seinen Silbergroschen.
11 Und als sie den empfingen, murrten sie gegen den Hausherrn
12 und sprachen: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, doch du hast sie uns gleichgestellt, die wir des Tages Last und die Hitze getragen haben.
13 Er antwortete aber und sagte zu einem von ihnen: Mein Freund, ich tu dir nicht Unrecht. Bist du nicht mit mir einig geworden über einen Silbergroschen?
14 Nimm, was dein ist, und geh! Ich will aber diesem Letzten dasselbe geben wie dir.
15 Oder habe ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem, was mein ist? Siehst du darum scheel, weil ich so gütig bin?
16 So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.“
(Mt. 20, 1-16 LUT2017)


Die Ausgangslage in diesem Gleichnis ist uns bekannt: Arbeitslosigkeit. Vielleicht war nicht jeder von uns schon mal arbeitslos, aber wir können uns alle die Situation von arbeitslosen Menschen gut vorstellen. Vielleicht haben wir ja welche in unserem Bekanntenkreis.
Heute ist man als Arbeitsloser in unserem Land ja einigermaßen abgesichert. Wenn man lange genug einbezahlt hat, dann bekommt man für sechs Monate bis zu zwei Jahre Arbeitslosengeld, das sind rund zwei Drittel des letzten Einkommens. Damit kann man einigermaßen klar kommen. Blöd wird es danach, wenn der Anspruch verbraucht ist und man immer noch keinen neuen Job hat und dann nur noch Arbeitslosengeld 2 (Hartz IV) bekommt. Mit dann rund 400,- Euro kann man eigentlich nur noch überleben, aber nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Würde geht anders!


Früher gab es bei den Arbeitsämtern eine Tagesjobvermittlung. Wer früh aufstand und keine harte Arbeit scheute, konnte dort manchmal für einen Tag einen Job bekommen, bei dem er am Abend cash ausbezahlt wurde und sich so sein Arbeitslosengeld aufstocken konnte. In der Nähe vom Plärrer in Nürnberg gab es auch eine Ecke, an der Arbeitslose standen, die ihre Arbeitsleistung anboten. Das war dann die illegale Variante. Soweit ich weiß gibt es heute beides nicht mehr.

So eine ähnliche Situation finden wir hier in diesem Gleichnis. Arbeitslose stehen herum und warten auf eine Möglichkeit sich Geld zu verdienen. Der Unterschied ist, dass sie keine soziale Absicherung haben. Hier geht es nicht um ein Zubrot zur staatlichen Unterstützung. Hier geht es um die blanke Existenz. Hier geht es darum einen Job zu finden, mit dem sie ihre Frau, Kinder und vielleicht die alten Eltern ernähren können.
Der Silbergroschen (oder Denar) entspricht etwa 40 Cent und war damals der wohl übliche Tageslohn. Ein Lohn, der ausgereicht hat um seine Familie zu ernähren.

Auch heute noch gibt es in Jerusalem eine Ecke nahe des Damaskustores, wo jeden Morgen arbeitslose Palästinenser stehen und auf potenzielle Arbeitgeber (meist Israelis) warten.

Gleich am Anfang lesen wir etwas Ungewöhnliches in diesem Gleichnis. Die erste von vielen Ungewöhnlichkeiten: der Hausherr, der Weinbergbesitzer geht früh am Morgen selbst los um Arbeiter für die Arbeit im Weinberg (vermutlich zur Weinernte oder zum Schneiden der Stöcke) einzustellen. Normalerweise mach dies sein Verwalter oder ein Vorarbeiter. Aber hier geht der Hausherr selbst los. Er scheint ihm selbst immens wichtig zu sein. Ein kleines aber wichtiges Detail, wenn wir später zur Auslegung kommen.

Der Hausherr geht sogar öfters los, nicht nur einmal. Er geht am Beginn des Tages und zur dritten, sechsten, neunten und schließlich noch zur elften Stunde los um immer wieder Nachschub an Arbeitskräften zu holen. Der Tag war damals in zwölf Stunden von 6 bis 18 Uhr eingeteilt, d.h. also zwischen  6 und 17 Uhr war er immer wieder, insgesamt fünfmal unterwegs um neue Arbeiter anzuheuern. Während er mit den ersten noch einen konkreten Lohn vereinbart hat, heißt es bei den anderen nur, dass sie bekommen sollten „was recht ist“.

Als es dann an die Bezahlung geht (jetzt kommt übrigens der Verwalter ins Spiel), geschieht das nächste Unglaubliche: die Letzten werden als Erstes bezahlt. Die, die am allerwenigsten gearbeitet haben, bekommen ihren Lohn zuerst. Sauber, na gut, meinetwegen, aber dann bekommen sie auch noch einen ganzen Silbergroschen. Sie bekommen den Lohn, der denen versprochen worden ist, die früh morgens angefangen haben im Weinberg zu schuften. Und die denken sich jetzt wahrscheinlich: „Wahnsinn, wenn die schon einen Silbergroschen bekommen, wieviel bekommen denn dann wir?! Die haben eine Stunde gearbeitet und wir zwölf Stunden. Wow, dann bekommen wir sicherlich mehr als nur den einen Silbergroschen.“

Und dann die große Ernüchterung, sie bekommen auch nur einen Silbergroschen. Genau wie ausgemacht. Die nächste Unglaublichkeit! Der Weinbergbesitzer gibt jedem gleich viel Lohn. Jeder bekommt einen Denar, egal wie lange er im Weinberg geschuftet hat. Das passt nicht in das Denken der Arbeiter, in ihre Wirklichkeit hinein und das passt auch nicht in unsere Wirklichkeit hinein. Unser Empfinden von Gerechtigkeit ist doch etwas anders. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, aber doch nicht gleicher Lohn für ungleiche Arbeit!

Diese provozierende Situation wäre leicht zu vermeiden gewesen, wenn in umgekehrter Reihenfolge ausbezahlt worden wäre. Die ersten hätten ihren Denar eingesackt und schwups wären sie weg gewesen. Sie hätte gar nicht mitbekommen, dass die anderen genauso viel bekommen. Aber so wurden sie bewusst damit konfrontiert.

Und jetzt geschieht etwas mit den „gefühlt Übervorteilten“. Sie ärgern sich, sie fühlen sich ungerecht behandelt, sie werden neidisch. Sozialneid! Aber nicht auf die Starken, nicht auf die Reichen und Schönen, sondern auf die Schwachen. Denn die, die länger auf dem Markt standen und auf Arbeit gewartet haben, waren gleichzeitig auch die, die schwächer waren, weniger kräftig, alt und krank, die auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht mehr so ganz mithalten konnten.
Die, die unten stehen, die kräftigen Tagelöhner, suchen sich solche, die noch weiter unten stehen. Ein auch heute weit verbreitetes gesellschaftliches Phänomen: „Die Hartz4ler, die Ausländer, die Asylanten usw. sind doch alles nur Sozialschmarotzer, die auf Kosten meiner Steuergelder leben.“ So oder so ähnlich wird von vielen gedacht.

„Bist du neidisch, weil ich so gütig bin?“ fragt sie der Besitzer. Diejenigen, die länger auf dem Markt herum standen, brauchen aber auch genauso viel zum Überleben, wie alle anderen auch. Sie brauchen auch ihre 40 Cent am Tag um ausreichend Essen zu kaufen. Was hätte ihnen der Lohn für eine Stunde Arbeit genutzt? Es hätte vielleicht gelangt für einen halben Laib Brot und ein Bier zum Frust runterspülen, aber nicht für den Tagesbedarf einer ganzen Familie.

Der Gutsbesitzer dagegen ist gütig, er will dass alle genug zum Leben haben. Unabhängig von ihrer Leistung. Er ist nicht auf Gewinnmaximierung aus, sondern maximiert seine Güte. Heute würde man vielleicht sagen, er praktiziert eine Form von solidarischer Ökonomie.

Dieses Vergütungsmodell passt nicht in den Kapitalismus. Da hätte der Weinbauer vielleicht nur die Hälfte vom vereinbarten Lohn ausbezahlt, weil sie angeblich zu langsam gearbeitet hätten.
Und das passt auch nicht in die soziale Marktwirtschaft. Da hätte es trotzdem nur einen gewerkschaftlich fest vereinbarten Stundenlohn gegeben. Und aus dem Überfluss etwas für die Kranken und Schwachen.
Und im Kommunismus hätten wahrscheinlich alle gleich wenig bekommen,weil es nichts zum Verteilen gegeben hätte.
Nein, dieses Verhalten ist einzigartig: jeder bekommt den gleichen Tageslohn damit jeder genug zum Leben hat.

Nun, es ist ein Gleichnis, eine Geschichte und hat nicht den Anspruch Grundlage für ein Wirtschaftssystem zu sein. Ein ähnliches Modell finden wir in der Bibel meines Wissens nur noch in der Jerusalemer Urgemeinde, die in einer Art Kommunismus zusammen gelebt haben. Dort heißt es:

„Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam.“
(Apg. 4,32 LUT2017)


Aber auch das Jerusalemer Modell war nicht erfolgreich, denn wenige Jahre darauf, mussten Spenden bei den neuen christlichen Gemeinden für die Gemeinde in Jerusalem gesammelt werden, da diese mittlerweile verarmt war. Auch hier gilt: die Beschreibung beinhaltet erstmal keine Aufforderung genauso zu handeln.
Aber interessant ist doch, wenn man sich anschaut in welchen Kontext das Gleichnis vom Weinberg eingebettet ist. Es folgt nämlich direkt auf die Begegnung des reichen Jünglings mit Jesus, an dessen Ende Jesus feststellt:

„Wahrlich, ich sage euch: Ein Reicher wird schwer ins Himmelreich kommen.“ (Mt. 19, 23b LUT 2017)

Dies sollten wir doch bedenken. Sollte das Weinbergmodell doch ein Vorbild für unser Leben sein?  Auf jeden Fall eine Aufforderung zum Großzügigsein.
Es verdeutlicht auf jeden Fall: unser Gerechtigkeitsempfinden, unsere Vorstellung von Gerechtigkeit ist anders, als Gottes Gerechtigkeitsempfinden.
Es gibt wohl unterschiedliche „Gerechtigkeiten“. Unterschiedliche Vorstellungen und Bezugssysteme. Gerechtigkeit nach Leistung und eine Gerechtigkeit der Verteilung, eine Art ausgleichende Gerechtigkeit.

In unserem Land gibt es ja mittlerweile einen Mindestlohn, der aber immer noch so niedrig ist, dass derjenige, dessen Einkommen sich immer auf diesem Niveau bewegt, im Rentenalter auf gesetzliche Unterstützung angewiesen sein wird. Nach dem Motto: „Hättest was Gescheites gelernt, würdest mehr verdienen, hättest mehr Rente.“ Das klingt eher nach Sozialdarwinismus als nach Gerechtigkeit.

Die Schweiz dagegen hat ein 3-Säulen-Rentensystem, in dem alle - also auch die Selbständigen und Beamten - den gleichen Prozentsatz in die erste Säule einzahlen, aus der dann später eine Grundrente für alle finanziert wird. D.h., dass jmd. der gut verdient u. U. mehr einzahlen muss als er später als Maximalrente aus dieser Säule herausbekommen kann. Das ist eine Form von ausgleichender Gerechtigkeit und die Schweizer scheinen damit überhaupt kein Problem zu haben.

Es gibt darüberhinaus heute vielfältige Formen von Solidarökonomie nicht nur in Lateinamerika: Genossenschaften, Fair Trade-Produkte, FoodCoops, Tauschbörsen, OpenSource-Programme usw. sind solche Modelle.

Den Arbeitern in unserem Gleichnis geht es um Lohn für Leistung. Den Gutsherrn geht es darum, dass es ihnen gut geht, dass sie ein genügendes Auskommen haben. Im übertragenen Sinne: wir sind leistungsorientiert, Gott ist Gnade-orientiert.

Damit sind wir jetzt bei der Auslegung. Im Eingang steht. „Denn mit dem Reich der Himmel ist es“. Es geht hier um dass Reich Gottes, um das Himmelreich Gottes, um die Königsherrschaft Gottes.
Also zum einen um das Leben in der Ewigkeit bei Gott und zum anderen, aber auch schon um das Himmelreich unter uns, dort wo die Herrschaft Gottes, wo das Reich Gottes in Kraft und Liebe und Gerechtigkeit und Frieden schon in die Gegenwart hinein wirkt und durch uns sichtbar wird.

„Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ (Lk 17,21 LUT2017)

Gott ist der Weinbergbesitzer, der alle, die in seinem Weinberg kommen, belohnen will. Er will, dass alle genug haben, keiner soll Mangel leiden. Jeder soll ewiges Leben empfangen:
unabhängig davon, ob man als Jude geboren wurde und damit zum auserwählten Volk gehört, zu dem Volk, das das Gesetz hatte oder erst als Heide das Evangelium gehört hatte,
unabhängig davon, ob man sich sein ganzes Leben lang als Pharisäer besondere religiöse Pflichten auferlegt hatte oder ob man als einfacher jüdischer Mensch gelebt hatte,
unabhängig davon, ob man sich als kleines Kind oder als Greis dafür entschieden hat Jesus nachzufolgen,
und auch unabhängig davon, ob man viel oder wenig dazu beigetragen hat. Jeder bekommt gleich.

Gott macht keinen Unterschied. Jesus sagt, dass die Ersten die Letzten sein werden, das also kein Vorteil darin besteht Jude oder Pharisäer zu sein. Dies ist die im historischen Kontext erste Zielgruppe des Gleichnis. Er will ihnen vermitteln, dass sie nicht besser, nicht wichtiger sind als die anderen, als die Sünder.

Es geht nicht um Leistung, es geht nicht um Gerechtigkeit durch Werke, sondern einzig allein um die Güte des Weinbergbesitzers, um die Gnade die Gott gerne schenkt. Es gibt keine Fleißkärtchen und kein Punktesystem für einen Platz im Himmelreich.

Eigentlich geht es in diesem Gleichnis ja gar nicht um die Arbeiter, sondern um den gütigen Weinbergbesitzer. Um sein Mitgefühl mit den verlorenen Menschen. Er ist es, der sich aktiv um sie bemüht, sich aktiv auf die Suche begibt um sie in den Weinberg zu holen. Er selbst bringt die gute Nachricht: „Hey, komm in den Weinberg. Dort ist noch Platz für Dich.“ Er enthält seinen Lohn, seine Güte, seine Gnade niemanden vor. Jeder bekommt sie. Er ist ähnlich wie der Vater im Gleichnis vom verlorenen Sohn.

Aber es geht auch darum Teil des Weinbergs zu sein. Die Tagelöhner haben Arbeit ge-sucht. Übertragen bedeutet dies, sie haben nach Gott gesucht. Ich flutsche nicht einfach so in das Reich Gottes hinein. Ich muss es wollen. Ich muss Erlösung wollen. Ich muss Jesus wollen.

Es gilt immer noch was Jesus sagt:

„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh 14,6 LUT2017)

Die Annahme des Jobs entspricht der Annahme des Erlösungsangebots Jesu. Durch ihn werde ich Teil bzw. bekomme ich Anteil am Himmelreich Gottes.

Genauso gilt es aber auch in ihm zu bleiben. Bis zum Schluss in ihm zu bleiben. Den Lauf zu voll-enden, wie Paulus es ausdrückt (2. Tim. 4,7). Es sind leider nicht wenige, die sich im Laufe ihres Lebens von ihrem christlichen Glauben abgewendet haben um irgend-welchen obskuren Theorien anzuhängen.

Hören wir im Lutherjahr, was Martin Luther zur Auslegung des Gleichnisses zu sagen hat:

„So ist nu dies die Summa dieses Evangeliums: kein Mensch ist so hoch noch wird je so hoch kommen, dass er nicht zu fürchten hat, er werde der allerniedrigste. Und umgekehrt, niemand liegt so tief oder kann so tief fallen, der nicht hoffen könnte, dass er der höchste würde. Denn hier ist alles Verdienst aufgehoben und wird allein Gottes Güte gepriesen und ist fest beschlossen: der erste soll der letzte, der letzte soll der erste sein. Damit dass er spricht: der erste soll der letzte sein, nimmt er dir alle Vermessenheit und verbietet dir, dass du dich über keine Hure erhebst, auch wenn du Abraham, David, Petrus oder Paulus wärst. Damit aber dass er spricht: der letzte soll der erste sein, verwehrt er dir alle Verzweiflung und gebietet dir, dass du dich unter keinen Heiligen stellst, auch wenn du Pilatus, Herodes und Sodom und Gomorrha wärst.  Denn gleichwie wir keine Ursache haben, uns zu vermessen, so haben wir auch keine Ursache, zu verzweifeln. Durch dies Evangelium wird die Mittelstraße befestigt und bewahrt, dass man nicht nach dem Pfennig sehe, sondern auf die Güte des Hausvaters, welche gleich und von einerlei Art ist über Hohe und Niedrige, über die ersten und die letzten, über Heilige und über Sünder. Und keiner kann sich derselben mehr rühmen oder trösten oder vermessen als der andre.“
(D Martin Luthers Evangelien-Auslegung, Zweiter Teil, Das Matthäus Evangelium (Kap. 3 - 25), S. 681 ff.)


Gott ruft uns durch dieses Gleichnis in seine Nachfolge. Es ist unsere Entscheidung, wie wir darauf reagieren. Für die Tagelöhner war es die Möglichkeit zum Überleben. Und auch wir wissen, nur in Jesus ist das Leben.

Jesus sagt: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und volle Genüge. (Joh. 10,10 LUT2017) 


Und Gott ist es, der es uns zuspricht, unabhängig von jeglicher Vorgeschichte. Egal, ob wir unser Leben lang gefrömmelt haben oder überall reingetappt sind, wo es nur geht. Wir dürfen durch Jesus Teil haben am Himmelreich Gottes.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

AMEN.